Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 09.09.2015

Frühstück gibt es für Lea Magun immer erst im Auto

Die erst 14-jährige Lea Magun vom TC Hörnli in Kreuzlingen hat sich voll und ganz dem Tennis verschrieben. Die Frauenfelderin hat ein klares und ambitioniertes Ziel, sie möchte einmal Profi werden.

 

 

Sitzt man der 156 cm grossen und 42 kg schweren Lea Magun gegenüber, denkt man nicht, was diese eher zierliche Person alles für Strapazen auf sich nimmt. Um Tennis zu spielen. Kann sie daneben noch ein Hobby ausüben? «Nicht wirklich. Als Ausgleich gehe ich schwimmen,» meint sie mit dem strahlendsten Lachen. Ihr Vater Steffen ergänzt: «Tennis ist ihr Hobby. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, sie lebt fürs Tennis».
Das heisst tägliches Training, am Donnerstag sind das gleich viereinhalb Stunden am Stück. Pro Woche kommen so gut 15 Stunden zusammen. Daneben gilt es Kondition und Kraft zu büffeln. Ihr Trainer in Kreuzlingen ist seit gut einem Jahr Thomas Walter. Und er sagt über seinen von der Körpergrösse her doch eher fragilen Schützling: «Lea ist sehr ehrgeizig, daher muss ich sie manchmal bremsen. Sie hat sicher noch viel Potenzial, also beschreiten wir jetzt einen Weg, der professioneller ist als vorher. Immer abgesprochen mit ihren Eltern.» Walter anerkennt: «Sie hat seit unserer Zusammenarbeit einen Schritt vorwärts gemacht. Wichtig ist, dass sich Lea auch mit internationalen Gegnerinnen misst.» In der Schweiz nimmt sie bei den U14 Platz fünf ein und wenn sie so weiter macht, wird sie bis Ende Jahr den Sprung unter die besten 200 in Europa ganz sicher schaffen.

Selbständigkeit gewohnt
Die Absolventin der 3. Sekundarklasse an der Nationalen Elite-Sportschule in Kreuzlingen muss sich gut organisieren. Trotzdem kommt ein happiges Programm zusammen. Der Tag beginnt für sie um 05.30 Uhr. Um sechs Uhr heisst es Abfahrt mit ihrem Vater Steffen als Chauffeur nach Kreuzlingen. Gibt es kein Frühstück? «Doch, doch. Das esse ich immer im Auto, sonst müsste ich noch früher aufstehen,» zuckt Lea Magun kurz mit den Schultern.
Ab 06.45 Uhr ist Aufwärmen angesagt, eine Viertelstunde später beginnt das Training. Von 10 bis 12.30 Uhr folgt Schule, ab 13 Uhr das Mittagessen. Am Montag und am Donnerstag ist auch von 14 bis 15.30 Schulbank drücken angesagt. An der NET ist selbständiges Arbeiten absolute Voraussetzung. «Die Sportschule ist eine super Lebensschule», hält Vater Magun fest. Daneben strahlt seine Tochter und meint cool: «Bis jetzt hat alles gut funktioniert.» Erst kürzlich musste sie wegen Abwesenheiten in einer Woche nicht weniger als fünf Prüfungen nachholen. Am Abend ist Lea Magun frühestens um 19 Uhr zu Hause. Entweder wird sie wieder von ihrem Vater abgeholt, oder sie nimmt ab und zu den Zug.
Weil Lea Magun (R2 klassiert) ziemlich viel im Einsatz stand, verordnete ihr Trainer Thomas Walter Mitte Juli eine Woche strikte Pause. «Natürlich wäre ich lieber auf dem Tennisplatz gestanden, so muste ich halt joggen,» lautet ihre Erklärung zu dieser Massnahme. Ziehen sich die Turniere im Ausland (hier ist der Trainer der Chauffeur) meist fast über eine Woche hin, dauern sie in der Schweiz nur ein Wochenende.

40 Turniere im Jahr
Insgesamt 40 Turniere absolviert die am 26. März 14 Jahre alt gewordene Frauenfelderin. Es sind schon gute Ergebnisse und der eine oder andere Sieg heraus gekommen. Etwa der Triumph an der Schweizer Interclub-Meisterschaft U15 zusammen mit Ghada Dirninger. An der Schweizer Meisterschaft U14 in Uster musste sie die Überlegenheit ihrer einen Kopf grösseren Gegnerin anerkennen und schied in der 2. Runde aus. An einem Hartplatz-Turnier in Portugal musste sie wegen Rückenproblemen sogar auf ihren Einsatz im Viertelfinal verzichten. Weil sie wegen ihrer Stärke bereits gegen U16-Spielerinnen antritt, muss sie ab und zu Lehrgeld bezahlen. Das war logischerweise auch so, als sie Mitte August unerwartet als Jüngste sogar im renommierten NLA-Interclub-Team des TC Hörnli zum Einsatz kam. In Oberentfelden scheiterte sie an einem internationalen Anlass erst im Viertelfinal. In Luxemburg schaffte sie dagegen an einem internationalen U14-Turnier Platz zwei und sogar den Triumph im Doppel.
Hat sie Vorbilder? «Roger Federer und Stan Wawrinka.» Keine Frauen? «Doch Maria Scharapowa.» In einem Jahr endet ihre Engagement an der NET, dann möchte Lea Magun an die Pädagogische Maturitätschule in Kreuzlingen wechseln. Mit dem festen Ziel vor Augen, irgendwann eine Profi-Karriere einschlagen zu können. Bis es so weit ist, wird sie noch öfters im Auto frühstücken müssen.
Ruedi Stettler