Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 11.11.2015

Debrunner ist in der Weltspitze angekommen

An der Weltmeisterschaft der Rollstuhl-Leichtathleten in der katari­schen Hauptstadt Doha konnte Catherine Debrunner (20) überzeugen. Die Mettendorferin holte über 200 Meter sogar unerwartet ihre erste Medaille.

 

 

Nach dieser WM durfte Catherine Debrunner ein erfolgreiches Fazit ziehen: «Ich habe nie damit gerechnet, dass ich bei meinen Starts überall den Final erreiche. 2013 in Lyon war ich beim Titelkampf noch chancenlos. Nach 12 Jahren im Rollstuhlsport habe ich den Sprung an die Weltspitze geschafft.» Silber über 200 Meter, jeweils Vierte über 100 und 1500 Meter, Fünfte über 800 und Neunte über 5000 Meter, das ist eine super Ausbeute. Sie merkte sofort an: «Dabei ist das Niveau gar höher geworden als bisher. Eines darf man nicht vergessen, es sind in einzelnen Disziplinen Frauen am Start, die weniger behindert sind als ich.»
Eigentlich waren die Aussichten für einen Exploit zum WM-Auftakt alles andere als rosig. Die enorme Hitze in Doha und die extrem niedrig eingestellten Klimaanlagen im Hotel sorgten bei Catherine Debrunner für eine Erkältung. Zum Glück trat rasch Besserung ein und so schaffte sie am Vormittag bei heissen Temperaturen den Einzug in den 200-Meter-Final. Bei wesentlich angenehmeren Bedingungen am Abend lief es optimal. Die Freude bei Debrunner nach diesem Silber-Coup war riesig: «Das Wetter und die Bahn waren gut und vor mir hatte ich Konkurrentinnen, die mich gepusht haben. Ich wusste, dass auf der Tribüne Leute sitzen, die auf mich hoffen und mitfiebern. Das hat mich zusätzlich sehr motiviert.»
Die junge Thurgauerin verbesserte im Final ihre Bestleistung um satte 55 Hundertstel auf 30,64 Sekunden. Es war ihre erste Medaille an einer Weltmeisterschaft, und das in einer von ihr nicht bevorzugten Renndistanz.

Nur 30 Minuten Pause
Im Final über 1500 Meter, eigentliche Paradedisziplin in dieser Sparte, lag die am 11. April erst 20 Jahre alt gewordene Thurgauerin lange ganz vorne, bevor sie im Feld eingeschlossen wurde, und nicht wunschgemäss zum Endspurt ansetzen konnte. Einen Podestplatz verpasste sie nur um vier Zehntel. Lediglich 30 Minuten später musste sie bereits wieder antreten. Über 100 Meter mobilisierte sie ihre allerletzten Kräfte und wurde in neuer Saisonbestleistung erneut Vierte.
Catherine Debrunner lobte die ausgezeichnete Organisation in Katar: «Die Menschen waren sehr hilfreich. Ich habe die Atmosphäre genossen, welche ab dem Callroom bis zur Ziellinie herrschte. Auch das Stadion war super, obwohl leider nur wenige Zuschauer anwesend waren.»
Für Debrunner ist die Saison jetzt vorbei und sie gönnte sich nach der WM nur eine trainingsfreie Woche. Ab dem 10. November steht sie bereits wieder im Grundlagen-Training: «An der Weltmeisterschaft haben wir gesehen, wo wir den Hebel ansetzen müssen. Wichtig ist, dass ich mich in taktischen Belangen verbessern kann. Wie verhalte ich mich in Zukunft cleverer, wenn ich irgendwo im Feld eingeschlossen bin.» Vermehrt auf dem Programm wird das Ausgleichs-Training stehen. «Wenn ich aus dem bisher Erreichten die richtigen Schlüsse ziehe, dann kann ich im nächsten Jahr beruhigt an die Paralympics nach Rio reisen,» sagt die junge Frau, die vor kurzem das Lehrer-Seminar abgeschlossen hat. Es stehen noch zwei Jahre an der Pädagogischen Hochschule Thurgau in Kreuzlingen an, dann darf sie sich Primarlehrerin nennen.

Hug unter den Erwartungen
Nicht ganz nach Wunsch verlief die Weltmeisterschaft für Marcel Hug. Der Pfyner musste sich für einmal mit Silber (5000 Meter) und Bronze (800) begnügen. Vor zwei Jahren in Lyon hatte er noch fünfmal Gold geholt.

Ruedi Stettler