Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 10.02.2016

«In der NLA gegen den Bruder spielen»

Vor bald zehn Jahren hat Kaj Stokholm vom kleinen HC Kaltenbach zu den grossen Kadetten Schaffhausen gewechselt. Jetzt steht der Handball-Torhüter vor dem Sprung in die erste Mannschaft des mehrfachen Schweizer Meisters.

 

 

Mit den Gardemassen 195 cm gross und 100 Kilogramm schwer wäre Kaj Stokholm (Sohn des Frauenfelder Stadtpräsidenten Anders) sicher ein grandioser Basketballer geworden. Warum hat er sich für Handball entschieden? «Zuerst spielte ich Fussball, dann erst Handball. Basketballer wurde ich nicht, weil es in dieser Sportart keinen Torhüter gibt und das wollte ich schon immer werden.» Über die Keeper und den linken Flügel sagt die Allgemeinheit, dass sie «en Egge ab händ». Der am 15. April erst 21 Jahre alt werdende Stokholm schmunzelt: «Ich war stets der Goalie-Typ. Dieser Posten reizte mich, weil man hier das Spiel am meisten beeinflussen und fast im Alleingang sogar einen Match entscheiden kann.»
In Eschenz wohnhaft schloss sich Kaj Stokholm dem HC Kaltenbach an. Von dort zog es ihn mit 16 Jahren zu den Kadetten Schaffhausen, wo er noch einen Vertrag für eine weitere Saison besitzt. Als Keeper im NLB-Team steht er auf Abruf für die NLA bereit. So wie jetzt, wo sich einer der Schlussmänner, Nikola Portner, verletzt hat. In einem Testmatch und im Cup (auch letzte Woche beim 28:22 im Viertelfinal gegen Kriens) kam Stokholm bereits zum Einsatz. Sein Ziel ist dagegen klar: «Ich möchte unbedingt Stammgoalie in der NLA werden.»
Als Mitglied der Junioren-Nationalmannschaft hat er in zwei Jahren sechsmal das Trikot mit dem Schweizer Kreuz getragen. Diese Zeit ist altershalber vorbei. Darum setzt er sich neue Schwerpunkte: «Ich hoffe, dass ich irgendwann in der NLA beim Gegner auf meinen vier Jahre jüngeren Bruder treffen werde. Wir spielten nie gemeinsam in der gleichen Equipe, auch nicht bei Kaltenbach.» Jan spielt in der U19 von Pfadi Winterthur.
An einem Ort treffen sie sich doch ab und zu, entweder zu Hause in Frauenfeld (meist am Freitag ab 21.30 Uhr zum gemeinsamen Familientreffen) oder in Eschenz. Am Dienstag sicher in der Suisse Handball Academy in der Schaffhauser BBC Arena, wo beide trainieren. Aus diesem Grunde schläft Kaj Stokholm zweimal pro Woche in der Munotstadt, weil das Training bereits morgens um sechs Uhr beginnt. Leiter und Cheftrainer ist Michael Suter, der auch für die einheimische NLB-Equipe zuständig.
Wer auf oberster Stufe Handball spielen möchte, muss viel Zeit investieren. Kaj Stokholm übt ausser Sonntags täglich. Sein happiges Programm sieht wie folgt aus: Montag 17.30 – 20.00; Dienstag 6 – 7 und 17.30 – 20.00; Mittwoch 18.00 – 19.30; Donnerstag 6 – 7; Freitag 18.00 – 19.30. Das Einspielen vor dem Match am Samstag erfolgt je nach Anpfiff und dauert eineinhalb Stunden. Damit nur ein bisschen Regeneration übrig bleibt, dafür sorgt die super Infrastruktur mit Sauna und Whirlpool gleich in der Arena.
Seit Abschluss der Matura arbeitet Kaj Stokholm ein halbes Jahr bei der Firma Bosch in Beringen und sucht ein neues Praktikum mit einem 50-Prozent-Pensum. Mehr liegt nicht drin: «Das letzte halbe Jahr war besonders anstrengend. Nebst der Arbeit und dem Handball gab es nur eines, schlafen. Auf längere Sicht geht das so nicht.» Gross Gedanken machen über seine Zukunft, will er sich nicht: «Wahrscheinlich folgt ein Studium. Wie und wo es in einem Jahr im Handball weiter geht, ist ebenfalls offen.» Klar ist nur, es soll die NLA sein.

Ruedi Stettler