Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 25.08.2016

Out in the Green Garden 2016: «Und jetzt ist es ein richtiges Festival»

Das Kulturfestival Out in the Green Garden fand dieses Jahr vom 5. bis 7. August zum siebten Mal und neu im Murg-Auen-Park statt. Was einst im Botanischen Garten auf einer Anhängerladefläche-Bühne begann und als KAFF-Sommerlochfüller gedacht war, hat sich zu einem stattlichen Festival mit 4000 Besucherinnen und Besuchern gewandelt. Die FW hatte im Gespräch mit den Festival-OK Mitgliedern Johannes Eiholzer und Joel Introvigne die Möglichkeit, einen (Rück-)Blick hinter die Festival-Kulissen zu werfen.

 

 

Zu den Personen:
Johannes Eiholzer, 1990, Mitarbeiter Amt für Kultur Frauenfeld, Mitarbeiter KAFF, Festival-OK Out in the Green Garden (Gastronomie/Sponsoring/Gesuche)
Joel Introvigne, 1988, Architekt, Vereinsmitglied KAFF, Festival-OK Out in the Green Garden

Das Festival Out in the Green Garden hat dieses Jahr seinen 7. Geburtstag gefeiert? Euer persönliches Fazit, wenn ihr auf diese sieben Jahre zurückblickt:
Joel: Am ersten Out in the Green Garden, als es noch eine Anhängerbühne war, ein «Anhängerli» mit akustischen Bands, das ist jetzt acht Jahre her, damals habe ich im KAFF Vorstand angefangen.
Johannes: Ich bin damals als Musiker auf der Bühne gestanden. Wir, die Franky Four Fingers, haben fast immer gespielt. Nun bin ich eher hinter den Kulissen tätig. Als OK-Mitglied bin ich seit drei Jahren dabei.

Seit 2016 wird die Festivalorganisation über einen Verein und nicht mehr über das KAFF abgewickelt. Wie kam das?
Joel: Wir beide bilden, zusammen mit Präsident Dominik Stillhard, den Vorstand des Vereins. Wir wollten das Festival von den Strukturen des KAFFs abgrenzen, um diese nicht immer stärker zu beanspruchen. Das Out in the Green Garden hat als kleines Sommerspecial vom KAFF angefangen und die Idee war, dass wir als KAFF etwas für die breite Bevölkerung organisieren, ein offenes Festival für alle. Das KAFF machte Sommerpause und das Festival sollte die Lücke füllen. Über die Jahre hat es sich weiterentwickelt und ist grösser geworden. Deshalb wurde ein eigener Verein mit eigenen Strukturen nötig. Es ist aber immer noch das KAFF Open Air.
Johannes: Das Out in the Green Garden wurde nun derart gross, dass es einen zu grossen Einfluss auf den Umsatz des KAFFs hatte, weshalb auch ein eigener Verein notwendig wurde. Zudem kann sich die «ältere» KAFF Generation weiterhin aktiv am Out in the Green Garden beteiligen, wenn sie sich im KAFF nicht mehr gleich engagieren will.

Was hat sich in den sieben Jahren, in denen es das Festival jetzt gibt, verändert?
Joel: Unser Anspruch hat sich verändert, von «man macht mal ein Konzert im Sommer, um ein KAFF-Lebenszeichen zu geben», zu etwas, das aus seinem Selbstwillen heraus geschehen soll. Ein cooles Festival. Wir sagen auch nicht Open Air, weil das so Assoziatio­nen weckt, die wir nicht wollen. Wir wollen ein Festival, das etwas Anderes ist. Das Festival teilt die Ideologie vom KAFF: Sowohl grosse, weit bekannte Bands, als auch die kleineren Perlen haben auf unseren Bühnen eine Daseinsberechtigung. Cool ist, dass dabei keine Unterschiede gemacht werden. Das haben wir dieses Jahr gesehen: Dass Inner Circle kommen können, die Grammies gewonnen haben und daneben Obacht Obacht, von hier aus der Stadt, die es seit einem Jahr gibt – und beide gleichberechtigt werden.
Johannes: Zu den Zuschauerzahlen ist zu sagen, dass wir im letzten Jahr 2000 Zuschauerinnen und Zuschauer hatten. Diese Zahl wollten und mussten wir dieses Jahr sicher wieder erreichen, auch aufgrund des Budgets. Dieses Jahr hatten wir unter anderem wegen der Reggae-Band Inner Circle aus Jamaika 4000 Personen am Festival. In diesem Sog konnte dann zum Beispiel auch Schlakks (Deutscher Rapper) vor einigen hundert Leuten spielen, obwohl seine Konzerte im KAFF jeweils nicht übermässig besucht waren. Aber wir haben an ihn und seine Musik geglaubt. Deshalb brauchen wir genau diesen Mix, mit den grossen Bands, welche die Leute anziehen und Bands, für die man vielleicht nicht extra ans Festival kommen würde.
Das Out in the Green Garden soll ein Kulturfestival sein und die ganze Bandbreite einer jungen, alternativen Kultur zeigen, für die wir in Frauenfeld stehen. Wir möchten der breiten Bevölkerung zeigen, was das bedeuten kann: Von Spraywänden bis zur Jam-Jurte. Es soll Jung und Alt ansprechen, die am Festival Einblick in diesen Kosmos bekommen können. Unsere Hauptidee ist es, ein Festival für Frauenfeld zu machen. KAFF heisst Kulturarbeit für Frauenfeld und so ist es auch mit dem Out in the Green Garden. Es geht darum, die Leute dafür zu sensibilisieren, wofür wir stehen und was wir toll finden.

Das Festival lebt von freiwilligen Helferinnen und Helfern, rund achtzig sind nötig. Wie gelingt die Helfersuche? Wie findet man heute junge Leute, die gratis arbeiten?
Johannes: Das ist das KAFF, zum grössten Teil. Die sind sich das gewöhnt, seit Jahren, weil sie wissen, dass sie sich auch einbringen können. Zu einem Festival mit freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört dafür auch, dass der Gast manchmal eine gewisse Geduld mitbringen muss. Die Freiwilligenarbeit ist Teil unseres Charmes. Damit müssen die Besucherinnen und Besucher klarkommen. Wir versuchen das Imperfekte auch zu zeigen, das hat auch seine Berechtigung. Denn: Freiwilligenarbeit muss auch Spass machen.
Joel: Spezialisierte Helfer sind eine extreme Entlastung für das OK. Dieses Jahr hatten wir neu ein Dekoteam, die das im Vorfeld vorbereitet haben. Das hat sich gelohnt! Die kamen mit einer Lastwagenladung voller Zeug!
Johannes: Das Out in the Green Garden holt jeden ab, der Lust hat, als Freiwilliger mitzuhelfen. Das Dekoteam ist eine neue Gruppe von Leuten, die sich sehr einsetzen. Sie haben zum Beispiel auf dem Festivalgelände ein «Gärtli» angelegt, spiessig, mit Bänkli, Rasen betreten verboten, Kritik am Bürgertum, sozu­sagen. Eigentlich eine Kunstinstallation.

2016 fand das Out in the Green Garden das erste Mal im Murg-Auen-Park statt. Trauert ihr dem Botanischen Garten als Austragungsort nach?
Joel: Auf dem Heimweg bin ich immer am Botanischen Garten vorbeigefahren und habe gedacht, oje, jetzt wurde das letzte Fünkchen Leben aus diesem Park gezogen. Der Park ist sowieso nicht mehr sehr belebt. Littering war ein Riesen­thema, das den Park in den letzten fünf Jahren negativ geprägt hat. Es gibt oft Personenkontrollen. Wir finden das schade und haben es sehr genossen, dass wir dort mit dem Out in the Green Garden Festival Leben hineinbringen konnten.
Man kann sich auch die Frage stellen, ob der Murg Auen Park für das Festival geeignet ist. Wir sind der Meinung ja. Obwohl es dort eine Blumenwiese gibt und es eigentlich nicht die Idee ist, dass eine Bühne darauf steht. Aber im Botanischen Garten haben wir es auch sieben Jahre geschafft, dort war auch nicht die Idee, dass 10 Tonnen Bühnenmaterial auf der Wiese herum stehen. Das Gelände im Murg-Auen-Park ist ideal: Logistik, Anlieferung, Eingangskontrolle. Einfach perfekt. Dieses Jahr habe ich mich gefragt, wie wir das im Botanischen Garten jeweils geschafft haben.
Johannes: Im Botanischen Garten war es wirklich schön, gerade am Anfang des Festivals war es gut dort. Wir waren auch sonst viel im Botanischen Garten und dann war es ein Wochenende, wo etwas mehr lief. Und jetzt ist das Out in the Green Garden ein richtiges Festival geworden, deshalb war der Botanische Garten als Austragungsort nicht mehr machbar.

Wie wird ein Festival finanziert, das kostenlos ist, keine festen Eintritts­preise verlangt?
Johannes: Das Festival finanziert sich zu ¼ aus Sponsoren und öffentlichen Geldern. ¾ holen wir selber rein mittels Bar und Eintritten. Das Sponsoring lässt sich schwierig beziffern. Wir arbeiten ausschliesslich mit lokalen Firmen wie Showlight, Audiofish oder Capa Nägeli zusammen. Die geben uns die Leistungen massiv vergünstigt. Die Freiwilligen­arbeit kommt auch noch dazu. Das Budget müsste sonst doppelt so hoch sein.
Joel: Es gibt vieles beim Sponsoring, das sich nicht beziffern lässt. Es würde trotzdem nicht aufgehen, wenn wir nicht durch Beziehungen Rabatte oder Leistungen gratis bekämen. Damit wir die Sachen anvertraut bekommen, sind Beziehungen zu den Firmen nötig.

Das Festival ist kostenlos. Ist es deshalb weniger «wert»?
Johannes: Das ist der entscheidende Punkt, wir wollen für die Kultur sensibilisieren. Wir wollen auch Leute ansprechen, die nur vorbeischauen wollen. Das Ziel ist, dass das Publikum das Festival schätzt und gerne dafür bezahlt. Wir möchten, dass am Schluss jeder das bezahlt, was es ihm wert ist. Und das ist sehr unterschiedlich. Einerseits geht es darum, was ist es den Leuten wert, aber auch, was können sie bezahlen. Dieses Jahr kamen viele Leute nur wegen Inner Circle. Die Leute fühlten sich auch verpflichtet, den empfohlenen Eintrittspreis zu bezahlen. Fr. 10.– für Inner Circle ist aber natürlich nichts. Das ist die Schwierigkeit.
Joel: Viele Leute sind mit dem Konzept «pay what you want» überfordert. Deshalb empfehlen wir als Richtpreis Fr. 10.– pro Festivaltag. Wir sind darauf angewiesen, dass die Besucherinnen und Besucher etwas spenden. Es ist unverbindlich. Aber die Leute benötigen eine Zahl zur Orientierung. Es gibt auch die Möglichkeit auf dem Festivalgelände nochmals etwas zu spenden.

Was muss man sich unter einer Silent Party, die es am Out in the Green Garden ebenfalls gibt, vorstellen?
Joel: Eine Silent Party funktioniert folgendermassen: Ueli Gut von silentparty.ch bringt Kopfhörer, Sender und Empfänger. Um 1.00 Uhr können sich die Leute, die noch nicht nach Hause gehen wollen für Fr. 5.–. einen Kopfhörer ausleihen. Während einer Silent Party ist es ruhig, mucksmäuschenstill. Es gibt zwei Kanäle; so können wir zwei DJs gleichzeitig spielen lassen. Die Leute tanzen mit den Kopfhörern. Vor drei Jahren kam am Morgen um 3.00 Uhr eine ca. 75jährige Frau zu mir, um ihren Kopfhörer zurückzubringen. Sowas hätte sie noch nie erlebt, sie fand es «der Hammer!».

In diesem Sinne bedanken wir uns für das Gespräch und wünschen den Organisatoren weiterhin viel Enthusiasmus für das Festival. Die Frauenfelderinnen und Frauenfelder dürfen auf das nächste Out in the Green Garden gespannt sein: Es findet vom 4. – 6. August 2017, ebenfalls wieder im Murg-Auen-Park statt, die Bewilligung der Stadt vorausgesetzt. (fs)

 

 

Out in the Green Garden 2016: «Und jetzt ist es ein richtiges Festival»

 

 

Out in the Green Garden 2016: «Und jetzt ist es ein richtiges Festival»