Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 20.09.2017

Erste Hilfe in Not

Ungewisse Zukunft für den Nothelferkurs

Sie sind allgegenwärtig und trotzdem werden sie kaum wahrgenommen: Menschen, die sich mit grossem Engagement für die Gemeinschaft einsetzen. Finanzielle Entschädigung erhalten sie kaum; ihr Lohn ist die Dankbarkeit der Menschen, denen sie helfen.

 

 

Nachwuchs dringend gesucht
Doch die gemeinnützigen Institutionen klagen seit einigen Jahren über anhaltenden Mitgliederschwund. Gerade den traditionsreichen Erste-Hilfe-Organisationen, die eine intensive Ausbildung und ein langfristiges Engagement voraussetzen, fehlt es an Nachwuchs. Der Schweizerische Samariterbund zum Beispiel, dessen Mitglieder an Dorffesten oder Sportanlässen die medizinische Versorgung sicherstellen, hat einen drastischen Rückgang zu vermelden: Die Zahl der Samariter hat sich in den letzten 25 Jahren halbiert.

Seit 100 Jahren für uns im Einsatz
Anne-Cécile Schmid, Vizepräsidentin des Samaritervereins Matzingen-Stettfurt, kennt das Problem. Sie bedauert, dass ein Engagement bei den Samaritern für junge Menschen nicht mehr attraktiv erscheint. 26 Mitglieder zählt der Verein, der auf eine stolze 100-jährige Geschichte zurückblicken kann. Johann Müller, das älteste Mitglied, ist seit 1959 mit dabei. Die Automatisierung der Arbeitswelt hatte damals erst eingesetzt und es kam vermehrt zu Unfällen, doch der nächste Arzt war auf dem Land oft kilometerweit entfernt. Die Samariter waren eine wichtige Anlaufstelle für die medizinische Erstversorgung, davon kann auch Johann Müller so manche abenteuerliche Geschichte erzählen.

Kein Nothelferkurs mehr?
Die technische, medizinische und gesellschaftliche Entwicklung wirkte dem Stellenwert der Samaritervereine entgegen. Zurzeit wird gar darüber debattiert, ob der Nothelferkurs als obligatorischer Bestandteil der Autoprüfung abgeschafft werden soll. Dank dem Handy sei professionelle Hilfe heute schnell vor Ort; bessere Autos haben den Verkehr sicherer gemacht. Mit der Abschaffung des Obligatoriums würde der Samariterverein nicht nur eine wichtige Einnahmequelle verlieren, sondern auch eine Gelegenheit, Jugendliche auf die Bedeutung von lebensrettenden Massnahmen aufmerksam zu machen. «Was nützt es, wenn es überall Defibrillatoren gibt, aber die Leute die Grundsätze der Ersten Hilfe nicht kennen», argumentiert Anne-Cécile Schmid für die Beibehaltung der Kurse.
Trotz allem technischen Fortschritt brauchen wir Menschen, die anderen Menschen uneigennützig helfen. Samariter wie Johann Müller und Anne-Cécile Schmid zum Beispiel.

Miriam Waldvogel