Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 04.10.2017

Polizistinnen und Polizisten vereidigt

Vier Polizistinnen und zwölf Polizisten sind am Freitag in Frauenfeld feierlich in die Kantonspolizei Thurgau aufgenommen worden.

 

 

«Frau Regierungsrätin, ich verspreche es.» Vier Frauen und elf Männer, die erfolgreich die Polizeischule Ostschweiz in Amriswil absolviert haben, legten vor Regierungsrätin Cornelia Komposch das Amtsgelübde ab, ebenso Mediensprecher Mario Christen, der im Verlauf des Jahres zur Kantonspolizei Thurgau gestossen ist.

«Allinclusive-Anspruch»
Die Vereidigung habe für sie einen sehr hohen Stellenwert, sagte die Chefin des Departements für Justiz und Sicherheit. Mit Genugtuung nehme sie zur Kenntnis, dass mit der Polizeischule 2016/17 der Sollbestand von 384 Polizistinnen und Polizisten erreicht worden sei.
Ins Zentrum ihre Ansprache stellte die Polizeivorsteherin die Frage, woher der Begriff «Polizei» kommt, wofür er steht und welche Bedeutung er in unserer Gesellschaft hat. Die Gesellschaft gehe zuweilen zu leichtfertig mit der Institution «Polizei» und ihren Angehörigen um, sagte Komposch «Wer z.B. Streit mit dem Nachbarn hat, ruft schnell nach der Polizei, wer gar Opfer eines Delikts geworden oder in einen Unfall verwickelt ist, für den ist die Polizei der Retter in der Not. Hat man jedoch eine Busse erhalten oder wird kontrolliert, dann ist die Polizei plötzlich unbeliebt, muss vereinzelt gar Beschimpfungen über sich ergehen lassen.» Die Polizei müsse also für fast jede Gemütsregung den Kopf hinhalten, sie habe eine Art «Allinclusive-Anspruch» zu erfüllen.

Gerechtigkeit im Staat
Der Begriff «Polizei» geht auf die «Politeia» zurück, ein Werk des griechischen Philosophen Platon. Darin diskutieren Denker über die Gerechtigkeit und ihre mögliche Verwirklichung in einem idealen Staat. «Polizei» stehe also, wenn auch sehr vereinfacht, für «Gerechtigkeit im Staat», sagte die Regierungsrätin. Die Polizei habe gemäss Wikipedia den Auftrag, «die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, den Strassenverkehr zu regeln bzw. zu überwachen und als Strafverfolgungsbehörde strafbare Handlungen zu ermitteln». Diese sehr technische Definition des Polizeibegriffs greife allerdings zu kurz; «Sie blendet aus, dass die Polizei in erster Linie für die Bevölkerung da ist.» Im Zentrum der Arbeit der Polizei stehe der Mensch in der Gesellschaft.
«Sie verkörpern als neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kantonspolizei Thurgau den Staat» wandte sich Cornelia Komposch direkt an die neuen Korpsmitglieder: «Sie sind berechtigt, das Gewaltmonopol des Staates auszuüben und die öffentliche Sicherheit und Ordnung durchzusetzen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihre Arbeit immer im Interesse und zum Wohl der Gesellschaft, der Einwohnerinnen und Einwohner und der Gäste unseres Kantons ausüben. Im Zentrum Ihrer Arbeit steht der Mensch – unabhängig von seiner Herkunft, seiner Hautfarbe und seiner Religion.»
Danach legten die neuen Polizistinnen und Polizisten vor der Regierungsrätin und über der Thurgauer Fahne das Versprechen ab, «Verfassung und Gesetz zu achten, Gehorsam zu leisten, ihre Pflichten unparteiisch und unbestechlich zu erfüllen, sich streng an die Wahrheit zu halten, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu achten und zu schützen, das Amtsgeheimnis zu wahren und ihre ganze Kraft zur Erledigung ihrer Aufgaben einzusetzen».

Ein neuer Weg
«Sie begeben sich auf einen neuen Weg», richtete sich Kommandant Jürg Zingg an seine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf diesem Weg seien sie eingebettet in ein sehr gutes, in der Bevölkerung geachteten Polizeikorps. Doch man könne eingegliedert sein in eine Gruppe – und trotzdem gebe es Momente und Situationen, in denen man ganz auf sich allein gestellt sei, gab Jürg Zingg zu bedenken: «Sie werden Teil eines Ganzen und gleichzeitig auch allein sein.» Sie werden Dinge erleben im Beruf, über die Sie mit niemandem sprechen wollen. Sie werden gewisse Erfahrungen von Ihrer Partnerschaft oder Ihrer Familie fernhalten. Und Sie werden als Polizist oder als Polizistin im eigenen Freundes- oder Kollegenkreis manchmal mit Vorwürfen gegen die Polizei oder mit Unverständnis für die Polizeiarbeit konfrontiert sein, und es wird Ihnen nicht immer gelingen, diese Missverständnisse auszuräumen.»
Durch den Entscheid, Polizist oder Polizistin zu werden, sei der weitere Weg noch lange nicht abschliessend bestimmt. Der Schriftsteller Tucholsky habe gesagt: «Geh Deinen Weg. Es gibt so viele Wege.» Und genauso sei es beim Polizeiberuf: «Es ist ein spannen­der, interessanter, abwechslungsreicher und herausfordernder Beruf.» Die jungen Polizistinnen und Polizisten könnten sich zu Fachspezialisten entwickeln, sei es bei der Verkehrspolizei, der Seepolizei oder in den Fachdiensten der Kriminalpolizei. Oder sie könnten eine Führungslaufbahn einschlagen: «Sie alle haben also viele Entwicklungsmöglichkeiten vor sich.»
Auf ihrem Weg würden die Polizistinnen und Polizisten oft über einen grossen Handlungsspielraum verfügen, sagte der Kommandant: Nicht in Bezug auf die Durchsetzung der Gesetze, aber in Bezug auf das persönliche Auftreten und Handeln. Damit sei klar: «Ihr persönliches Handeln prägt das Image der gesamten Kantonspolizei. Ist Ihr Auftritt gut, so wird die Polizei, letztlich alle Ihre Kollegen und Kolleginnen, davon profitieren. Werden Sie hingegen als arrogant oder als inkompetent wahrgenommen, so wird sich dieses Bild auf alle anderen übertragen.»
«Der Weg ist das Ziel», heisst es oft. Dies sei nicht falsch, so Jürg Zingg, doch es genüge nicht: «Wenn Sie Ihren Weg gehen, dann brauchen Sie auch ein Ziel, dann brauchen Sie eine Orientierung.» Natürlich gebe die Polizei Ziele vor, zum Beispiel mit dem Grundauftrag, mit Befehle und Anweisungen. Doch für einen erfolgreichen Weg – in der Karriere, aber mehr noch in der persönlichen Entwicklung – sei auch eine Orientierung an inneren Werten erforderlich, und es brauche laufend die Überprüfung, ob diese Werte noch wegbestimmend seien. Für diese Überprüfung seien die Polizistinnen und Polizisten selber verantwortlich, betonte der Kommandant: «Sie wissen, was die Bevölkerung von ihrer Polizei erwartet, denn Sie sind ja nicht nur Polizistin und Polizist; auch Sie sind Bürger und Bürgerin, auch Sie zahlen Steuern, auch Sie wollen gerecht, korrekt und anständig behandelt werden, wenn Sie mit Amtspersonen zu tun haben. Und Sie wissen es auch, wenn Sie diesem Anspruch nicht genügen. Sie wissen es, solange Sie selbstkritisch sind, solange Sie ernst gemeinte und konstruktive Kritik von aussen annehmen.»
Jürg Zingg forderte die Polizistinnen und Polizisten auf, von sich selbst einen korrekten und respektvollen Korrektheit und Respekt im Umgang mit allen Menschen zu verlangen: «Nur so nehmen Sie die Vorbildfunktion wahr, die die Bevölkerung von ihren Polizistinnen und Polizisten erwartet.» «Gehen Sie Ihren Weg!» forderte der Kommandant seine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf: «Gehen Sie ihn mit dem Vertrauen, das die Bevölkerung in Sie setzt und das mit Ihrem Versprechen besiegelt wird.»
Musikalisch umrahmt wurde die Feier durch den Männerchor und das Spiel der Kantonspolizei Thurgau.

Mario Christen