Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 04.10.2017

«Am Ende der Geduld»

Petitionäre:

Seit der Einreichung der Petition
«Begegnungszone Freie-Strasse» herrscht Funkstille zwischen dem Stadtrat und den Petitionären. Jetzt ist den Vertretern der vier bürgerlichen Parteien der Kragen geplatzt. Sie erwarten, dass der Stadtrat rasch das Gespräch mit ihnen sucht. Ihre 600 Unterschriften seien nämlich nicht «weniger wert» als die Ergebnisse des städtischen Mitwirkungsverfahrens mit rund 100 Beteiligten.

 

 

Sie sind am «Ende der Geduld» angelangt, und womöglich braucht es nicht mehr viel, bis der Geduldsfaden reisst. Der Kragen ist ihnen schon mal geplatzt, den vier Petitionären, die im Mai mehr als 600 Unterschriften für ihre Sicht einer Begegnungszone in der Freie-Strasse im Rathaus deponiert hatten. «Unsere Petition mit mehr als 600 Unterschriften sollte vom Stadtrat mindestens gleich ernst genommen werden, wie das Ergebnis von etwa 100 Befragten durch die Stadt», stellte FDP-Gemeinderat Sandro Erné fest. Sein SVP-Ratskollege Romeo Küng geht noch einen Schritt weiter: «Die Verantwortlichen haben einen Tunnelblick und wollen ihre Visionen für die geplante Begegnungszone kompromisslos – auch gegen Widerstände aus der Bevölkerung und dem Gewerbe durchsetzen». Stefan Geiges von der CVP spricht sogar von einer «linken Verkehrspolitik», die stur durchgezogen werde, und sein SVP-Kollege Andreas Elliker kritisiert, dass der Stadtrat einen echten Einbezug der Beteiligten unterlassen und stattdessen «nur informiert» habe.

Verpasste Dialog-Chance
Die Enttäuschung bei den Petitionären ist gross. «Würde der Stadtrat mit uns reden und uns ernst nehmen, könnten wir ihm in bestimmten Fragen sogar den Rücken stärken», erklärte Stefan Geiges. Er und seine Kollegen hätten erwartet, «dass der Stadtrat das direkte Gespräch mit uns sucht». Romeo Küng sieht in der Gesprächsverweigerung System: «In den fast wortgleich lauten­den Beantwortungen von drei einfachen Anfragen im Gemeinderat, aber auch bei Anregungen in den Kommissionen verweisen die Stadtplaner immer wieder auf das “Mobilitätskonzept 2030”, das angeblich auf mehreren Befragungen der Bevölkerung und des Gewerbes beruhen soll». Die Stichhaltigkeit dieser Ergebnisse zieht er allerdings in Zweifel: Von den 118 Befragten hätten sich zwar 58 Prozent für die Begegnungszone ausgesprochen. Doch dies stehe im Widerspruch zu zahlreichen Aussagen von Anwohnern, Gewerbetreiben­den und Passanten während der Unterschriftensammlung. Andreas Elliker bestätigt diesen Sachverhalt. Vor allem die Ladenbesitzer hätten den Eindruck, dass sie lediglich «informiert, statt miteinbezogen» wurden. Darüber hinaus hätten diese bestätigt, dass die «hoch gelobten Massnahmen bislang keinen Einfluss auf ihre Umsätze» gehabt hätten.

Marschhalt nötig
Erné, Elliker, Geiges und Küng sind sich darin einig, dass nur ein echter Schulterschluss eine Lösung des Problems bringen könne: «Ein Marschhalt bei der weiteren Umsetzung der Begegnungszone ist spätestens nach der Einreichung unserer Petition dringend angebracht», so Romeo Küng. Ab sofort müssten alle Betroffenen «auch wirklich in den Prozess einbezogen – und nicht, wie bis anhin, lediglich “informiert” werden!» Sandro Erné räumt zwar ein, dass in die Frage der Stadtumfahrung eine gewisse Bewegung gekommen sei, und auch Stefan Geiges anerkennt, dass der Stadtrat von sich aus bereits einige Anliegen aus der Petition aufgenommen habe. Gleichwohl zäume der Stadtrat beim Verkehr weiterhin «den Gaul vom Schwanz her» auf, weil er mit seinen Massnahmen «am falschen Ort» beginne: «Zuerst muss die Entlastungsstrasse kommen, und dann können wir die Flughöhe verringern und die weiteren Massnahmen darauf abstimmen», ist er überzeugt. Mit der Petition habe man ein klares Zeichen geben wollen – «ein Zeichen für den Dialog. Wie bieten Hand dazu, aber jetzt ist der Ball beim Stadtrat».
Armin Menzi

Die eingereichte Petition im Wortlaut
Wir wollen Klarheit über folgende Punkte (Petition):
• Die Zufahrts-Zeiten und die Zahl der Parkplätze in der Freie-Strasse dürfen nicht zusätzlich eingeschränkt werden!
• Das Gewerbe in der Innenstadt ist auf beides angewiesen.
• Wir sind für eine attraktive, lebenswerte Innenstadt. Aber nicht auf Kosten des Gewerbes und des motorisierten Individualverkehrs!
• Bevor der Stadtrat weitere Massnahmen trifft, soll er aufzeigen, wie die Parkplatz-Situation gelöst werden kann – etwa durch den Bau eines Parkhauses mit direktem Zugang zur Altstadt.
• Sämtliche Massnahmen sollen auf die in Aussicht gestellte Projektierung einer Umfahrungsstrasse (durch den Kanton und die Stadt) abgestimmt werden.
• Neue Installationen sollen nur «mobil» und dabei einfach und kostengünstig vorgenommen werden.
• Für Veranstaltungen darf die Freie-Strasse nicht durchgehend gesperrt werden. Sie muss an jedem Tag zugänglich bleiben. Dies vor allem im Interesse des Gewerbes, aber auch für die Fahrzeuge der Blaulicht­organisationen.
• Den Veranstaltern sind klare Auflagen zum Schutz der Anwohner zu machen.

Stellungnahme Informationsstelle Stadt Frauenfeld
«Die Petition betreffend der Begegnungszone in der Freie-Strasse wurde am
5. Mai 2017 eingereicht. Der Stadtrat hat bis am 5. November Zeit zur Beantwortung. Am 10. Oktober findet ein Gespräch mit den Vertretern der Petitionäre statt.»