Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 15.11.2017

Der Schandfleck muss endlich weg

Ehemaliges Restaurant Obstgarten

Nach einem tragischen Todesfall beim ehemaligen Restaurant Obstgarten ist ungewiss, wie es mit diesem halbzerfallenen Objekt weiter geht. Wir fragten den Besitzer, die Stadt Frauenfeld, den letzten Bewohner und Personen aus dem Quartier.

 

 

Das Gebiet Bsetzi neben dem Kantonsspital hat sich in den letzten Jahren enorm verändert. Geblieben ist lediglich das baufällige ehemalige Restaurant Obstgarten. Und dann kam am 9. Oktober ein Bauarbeiter bei Umgebungsarbeiten ums Leben, als ein Teil des Fundaments am seit acht Jahren leer stehenden Haus einstürzte.
Und wie geht es nun mit dem immer mehr zerfallenden Gebäude weiter? Stadtrat Urs Müller vom Departement für Bau und Verkehr teilt auf Anfrage mit: «Das Gebäude steht nach wie vor eigentümerverbindlich unter Schutz. Ohne Änderung des Schutzstatus (dazu wäre ein Verfahren nötig), darf das Gebäude nicht abgerissen werden. Somit steht die Eigentümerschaft in der Pflicht und ist am Zug. Ich habe jedoch einen Termin zur Besprechung des weiteren Vorgehens veranlasst.» Und was sagt der Besitzer Paul Geiger von der Firma Tss Bau GmbH in Thundorf? «Es ist zu früh nach dem Unfall, um zu sagen, wie es weiter geht.»
Sicher keine Freude an der jetzigen Situation hat zweifellos der daneben liegende neue Volg. Wegen Einsturz-Gefahr des Obstgartens ist nämlich das Trottoir als Zugang zum Volg gesperrt. Zudem müssen die Autofahrer jetzt einen Umweg machen, weil die Ausfahrt Richtung Stadt aus dem gleichen Grund gesperrt ist. Auch der Schulweg der Kinder führt jetzt über die andere Strassenseite, darum müssen sie zusätzlich auf den Stadtbus und die Autos aufpassen, welche aus der Tiefgarage des Kantonsspitals heraus fahren wollen. Eine unverantwortliche Situation.
Hansruedi Soltermann hat mit seiner Familie 34 Jahre im Obstgarten gewohnt und kennt das Haus deshalb bestens: «Weil jahrelang nichts in Sachen Sanierung passierte, ist dieses Gebäude jetzt nicht mehr erhaltenswert. Die Mauern aus Bollenstein sind sowieso fragil. Alles andere als ein Abriss macht ganz einfach keinen Sinn mehr. Man muss es leider so sagen, es ist zu einem Schandfleck im Quartier geworden.» Und nach einer kurzen Pause fügt der 68-Jährige an: «Der jetzige Anblick tut schon weh, denn immerhin habe ich darin mein halbes Leben verbracht.»
Michael Krucker wohnt erst seit 2002 in Frauenfeld und kann nicht darüber urteilen, welche Rolle der Obstgarten im Quartier früher eingenommen hat. Jetzt im neuen Bsetzi-Quartier wohnhaft, meint er: «Sicher für mich ist, dass das Haus, oder die Ruine, kein schöner Anblick war und ist. Aus meiner Sicht sofortiger Abbau, egal was kommt, ob Restaurant, Café, oder was auch immer. Weg mit diesem Haus, wo ein Arbeiter sein Leben verloren hat.»
In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Obstgartens wohnt auch Karl Jenny. Der Architekt weist explizit darauf hin, dass ein Mauerwerk aus den natürlichen
Bollensteinen besonders viel Vorsicht gebietet. Sein Urteil über die jetzige Situa­tion: «Ein Abriss wäre die einzig richtige Lösung.» Genau das sagen viele weitere Personen, welche auch von einem Schandfleck sprechen, die aber ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen wollen.
Vielleicht löst sich das Problem ja sogar von selbst. Der jetzt eingestürzte Haus­teil ist dem Wind total ausgesetzt. Gut möglich, dass sogar ein richtiger Herbststurm endgültig für klare Verhältnisse sorgt.

Ruedi Stettler