Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 11.04.2018

Ewiges Warten auf Verkehrsberuhigung

Wohnen und Arbeiten in der Vorstadt

Die Einrichtung einer Tempo-30-Zone in der Frauenfelder Vorstadt lässt auf sich warten. Aus rechtlicher Sicht wäre diese verkehrsberuhigende Massnahme auf der Kantonsstrasse zwar möglich, der Kanton ist aber dagegen.

 

 

Die Beantwortung ihrer Interpellation «Tempo 30 auf Kantonsstrassen innerorts» vom 27. März 2018 hat Kantonsrätin Marianne Sax mit Enttäuschung aufgenommen. Mit ihrem von 33 Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichnern eingereichten parlamentarischen Vorstoss zielt die SP-Kantonsrätin darauf ab, auf Kantonsstrassen verkehrsberuhigende Massnahmen zuzulassen.

Eine Direktbetroffene
Als Inhaberin des Buchladens in der Frauenfelder Vorstadt weiss sie bestens, wovon sie spricht – wird sie doch täglich mit Verkehrslärm und bisweilen auch quietschenden Reifen wegen der Kurve konfrontiert. «Wenn wir hier in diesem Strassenabschnitt Tempo 30 hätten, wäre das sicher anders. Die Lebensqualität würde auf einen Schlag besser», sagt sie dazu. Nachdem vor einigen Jahren das Transitverbot für Lastwagen über 12 Meter in der Vorstadt und auf der Promenade errichtet wurde, wäre das ein weiterer wichtiger Schritt zugunsten von Anwohnern, Gewerbetreibenden und Passanten.

Seit über zwei Jahrzehnten ein Anliegen
Dabei ist der Wunsch nach verkehrsberuhigenden Massnahmen der Bevölkerung und den Gewerbetreibenden in diesem Teil der Stadt bereits seit über zwei Jahrzehnten ein Anliegen. In der ersten Hälfte der 90er-Jahre strebten sie noch einen Einbahn-Verkehr an, mit dem zugleich Platz für zusätzliche Parkplätze geschaffen werden sollte. Die mit einer solchen Verkehrsführung verbundene respekive diskutierte Ersatzroute via Staubeggstrasse und Spannerstrasse am Spannerschulhaus vorbei stiess aber umgehend auf grossen Widerstrand seitens der Elternschaft.

Kanton will nicht
Eine verkehrsberuhigende Massnahme im betreffenden Abschnitt will der Kanton aktuell nicht einführen. Das kantonale Tiefbauamt hat sich gegen die von der Stadt beantragten Versuche mit Tempo 30 auf Kantonsstrassen durch die Innenstadt ausgesprochen. Dies weil Temporeduktionen ohne flankierende Massnahmen vorgesehen waren, heisst es dazu in der Beantwortung der Interpellation. Dies würde zu grösseren Verkehrsverlagerungen führen.
Die im Herbst 2017 gestartete Testplanung «Verkehrs- und Gestaltungskonzept (VGK) Promenade – Vorstadt» gehe die Thematik fundierter an. Ziel der Testplanung wären unter anderem die Aufwertung des Strassenraums (Aufenthaltsqualität) und die Verbesserung der Verkehrssicherheit für den Langsamverkehr (Fussgänger und Velofahrer) an der Kantonsstrasse, heisst es in der Antwort zum parlamentarischen Vorstoss weiter.

Freiräume durch Stadtentlastung
Auch wird darin auf die Bedeutung einer Stadtentlastung verwiesen, durch die in der Frauenfelder Innenstadt Raum für Entwicklungen entstehen soll. Die Marschtabelle zur Umsetzung der Massnahmen ist freilich offen. Ausserdem wird darauf hingewiesen, wonach Verkehrsversuche auf Kantonsstrassen nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen würden – und dies nur dort, wo eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Massnahme am Ende auch tatsächlich eingeführt respektive umgesetzt wird.

Raum zum Handeln
Interpellantin Marianne Sax sieht durchaus Raum für den Kanton, mit einem Temo-30-Versuch in der Vorstadt zu starten: «Gerade weil es sich um einen Versuch handelt, muss man doch nicht zuerst die begleitenden baulichen Massnahmen umsetzen, die für einen definitiven Betrieb nötig sind. Es gibt einige Beispiele im Strassenverkehr, wo Versuche mit provisorischen Mitteln durchgeführt wurden.» Auch weist sie auf Rechtsverfahren zu Tempo-30-Zonen hin, in denen das Bundesgericht in Lau­sanne diese Temporeduktionen zugelassen hat – in Münsingen, Zug, Zürich und zuletzt Winterthur. Zudem bezeichnet sie es als wichtig, das Thema «Tempo 30» von Bauprojekten zu entkoppeln, damit die Temporeduktion unabhängig realisiert werden kann – dies zeigten abgelehnte Projekte in Münchwilen und Kreuzlingen.

Andreas Anderegg