Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 24.08.2022

Der Schwingerkönig bleibt für immer König

Das Eidgenössische Schwing- und Aelplerfest in Pratteln vom nächsten August-Wochenende kennt mehrere Besonderheiten. Mit dabei ist auch der Sieger von Frauenfeld 2010, Kilian Wenger.

 

 

Natürlich hofft die 15-köpfige Thurgauer Delegation mit dem heissen Königsanwärter Samuel Giger auf ein erfolgreiches Abschneiden in Baselland. Vor allem nach seinem grandiosen Auftritt auf der Schwägalp bei seinem schon fünften Triumph, was neuen Rekord bedeutet.
Bisher ist es bloss vier Schwingern gelungen, ihren eidgenössischen Titel drei Jahre später zu verteidigen. Das waren Jörg Abderhalden, Ernst Schläpfer, Rudolf Hunsperger und Karl Meli. Vielleicht hätte Hunsperger sogar vier Triumphe geschafft, doch just vor dem Grossanlass 1971 in La Chaux-de-Fonds (David Roschi gewann) starb sein Vater und er verzichtete auf die Teilnahme. Zuvor hatte der Berner in Frauenfeld 1966 und drei Jahre später in Biel sowie noch 1974 in Schwyz seine herausragende Klasse bestätigt.

Was ist mit Stucki?
Auch diesmal wird der lange verletzte Schwingerkönig Christian Stucki kaum nachdoppeln können. Er hat bereits sechs eidgenössische Kränze in seinem Besitz, genau gleich viele wie der am Tag vor dem Schwägalp-Schwingfest völlig unerwartet zurückgetretene 43-jährige König von 2001 in Nyon, Nöldi Forrer. Der Toggenburger hat als klarer Rekordhalter in seiner Karriere 151 Kränze gewonnen. Den Titel Schwingerkönig behält man auf Lebzeiten. Gibt es im Schlussgang einen Sieger, erhält er immer die Zehn und der Verlierer eine 8,75.

Riesiger Gabentempel
Es ist üblich, dass an einem Eidgenössischen der Gabentempel besonders grosszügig ausfällt. Nicht nur in Frauenfeld 2010 mit dem alle acht Gänge gewinnenden jungen Berner Kilian Wenger (vielleicht ist er diesmal einer der Geheimfavoriten) betrug dieser bereits eine Million Franken. Neben den Lebendpreisen gibt es fast alles, was man täglich gebrauchen kann. Natürlich auch jede Menge Treicheln. Aber im Fokus steht logischerweise der Siegermuni Magnus vom Schönberg, der gut und gerne 30 000 Franken Wert ist.
Aber für die Aktiven fast ebenso wichtig ist der Gewinn eines Kranzes. Das ist laut einer sechsseitigen Beilage im Migros-Magazin ein Eichenkranz. Bestehend aus 60 Einzelteilen, 45 Blätter aus gewachstem Papier und 15 Eicheln. An einem Eidgenössischen kommt in der Mitte noch ein spezielles Zeichen dazu.

Zwilchhosen halten was aus
Damit die Zuschauer vor Ort und am Fernsehen die Sennen- und Turner-Schwinger besser unterscheiden können, gibt es helle und dunkle Schwingerhosen. Diese müssen bei den enormen Kräften der «Bösen» einiges aushalten. Sie sind aus Zwilch gefertigt, einem doppelfädig gewobenen Leinenstoff. Die Herstellung ist sehr aufwendig und daher gibt es in der Schweiz lediglich noch drei Hersteller.
Nicht nur die Hosen müssen widerstandsfähig sein, sondern auch die Athleten. Ein Mensch verbraucht im Alltag etwa 2000 Kalorien. Ein Schwinger im Wettkampf bringt es schon mal bis auf 8000 Kalorien.

15 Thurgauer dabei
Von den in Pratteln zum Zuge kommenden 274 Schwingern sind deren 15 aus dem Thurgau. Angeführt natürlich von einem der Mitfavoriten, Samuel Giger aus Ottoberg. Erstmals am Eidgenössischen gemeinsam im Einsatz stehen Vater und Sohn Burkhalter aus Homburg. Der bereits 48-jährige Oldie Stefan und als einer der Jüngsten überhaupt der 19-jährige Thomas. Selektioniert wurden ebenfalls die zwei nicht zu unterschätzenden Brüder Domenic (Friltschen) und Mario Schneider (Rothenhausen). Den ersten Ersatzplatz bei den Nordostschweizern verlassen konnte Rico Ammann aus Häuslenen, weil Nöldi Forrer seinen Rücktritt erklärt hat.
Wer diesmal am Eidgenössischen leer ausgeht, muss auf 2025 hoffen. Dann sind die Nordostschweizer an der Reihe und dieser Grossanlass findet im glarnerischen Mollis statt.
Übrigens: 1958 stand in Freiburg ein Thurgauer im Schlussgang. Der grossgewachsene Landwirt Otto Brändli aus Bommen unterlag Max Widmer, der schon zuvor alle sieben Gänge für sich entschieden hatte.

Ruedi Stettler