Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.09.2022

Gute Erfahrungen mit dem Stillzimmer im Zentrum von Frauenfeld

Interview mit Sarah Dörig, rege Nutzerin des Stillzimmers

 

 

Mitte August letzten Jahres eröffnete die Familie Larsson-Rosenquist Stiftung im Zentrum von Frauenfeld, im 1. Stock des alten Postgebäudes an der Rheinstrasse 1 über dem Restaurant Molino, ein öffentliches Stillzimmer. Mütter und Väter haben es mit ihren Babys in diesem ersten Jahr regelmässig besucht. Das Stillzimmer mit separatem Eingang liegt neben den Büros der Familie Larsson-Rosenquist Stiftung. Die Stiftung wurde 2013 gegründet und unterstützt und fördert auf der ganzen Welt das Stillen und das Wissen über Muttermilch.
Welche Erfahrungen macht heute eine junge Mutter mit Stillen in der Öffentlichkeit und mit dem Angebot eines Stillzimmers? Wir konnten mit Sarah Dörig sprechen, die mit ihrem Sohn Matteo das Stillzimmer im letzten Jahr häufig benutzte.

Was bedeutete Ihnen als junge Mutter ein Stillzimmer im Zentrum von Frauenfeld?
Sarah Dörig: Für mich war das Angebot sehr wertvoll. Das Stillzimmer wurde kurz nach der Geburt von Matteo eröffnet. Das Stillzimmer wurde zu einem idealen Ort, in dem ich mich zurückziehen konnte, wenn ich mit meinem Sohn unterwegs war und er urplötzlich Hunger bekam, oder wenn ich nicht alles dabeihatte oder es regnete. Besonders in der kälteren Jahreszeit kam mir das Stillzimmer sehr gelegen. Babys brauchen einen Ort der Ruhe, wo sie nicht abgelenkt sind, und der Mutter hilft es sehr, wenn sie ohne Stress stillen kann. Und das gilt ja auch, wenn eine Mutter ihrem Kind den Schoppen geben will.
Wie sollte denn ein Stillzimmer aussehen?
Sarah Dörig: Wichtig ist, dass der Ort Wärme ausstrahlt, sodass man sich darin wohl fühlt. Schön ist, dass das Stillzimmer der Stiftung mit Sorgfalt eingerichtet ist und alles Nötige hat, dass es sich schliessen lässt und sich die stillende Mutter so eine Privatsphäre schaffen kann. Denn das Füttern des Babys ist ein intimer Moment, in dem man sich wohl und sicher fühlen möchte.

Wenn kein Stillzimmer da ist – wie fühlt sich Stillen im öffentlichen Raum in der Schweiz von heute an?
Sarah Dörig: Nun, im Sommer ist es unkompliziert, auf einer ruhigen Parkbank zu stillen. Aber als ich in der kälteren Jahreszeit zum Beispiel in einem Restaurant stillte, wurde ich zwar vom Personal sehr wohlwollend behandelt, aber mir selbst war es doch nicht so wohl; man ist sensibel für kritische Blicke, man achtet darauf, dass alles bedeckt ist, man möchte niemanden stören. Stillzimmer sind da eine sehr willkommene Unterstützung. Stillen hat nach meinem Empfinden noch immer nicht den selbstverständlichen Platz in unserer Gesellschaft, den es haben sollte.

Wie könnte man das verändern?
Sarah Dörig: Wir müssen viel offener über all die Herausforderungen sprechen, denen junge Mütter nach der Geburt ihres Kindes begegnen, und Stillen ist dabei ein wichtiges Thema. Ich habe erlebt, dass sich junge Mütter nur wenig über die vielen neuen Herausforderungen und auch ihre Stillerfahrungen austauschen. Auch in der Geburtsvorbereitung könnte das Thema mehr besprochen werden. Generell finde ich, dass Mütter noch viel selbstbewusster auftreten dürften, wenn es ums Muttersein und Stillen geht!

(zvg)