Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.12.2022

«Motiviert in die zweite Reihe»

Interview mit Stefan Duewell, Ärztlicher Direktor des Kantonsspitals Frauenfeld

Stefan Duewell, der Ärztliche Direktor des Kantonsspitals Frauenfeld, tritt per Ende Dezember nach 14 Jahren zurück. Die Funktion als Chefarzt Radiologie gibt er auf diesen Zeitpunkt hin nach 25 Jahren ab – eine «Ewigkeit» für eine solche Funktion. Künftig ist er mit Freude in einem 80-Prozent-Pensum in der Radiologie der Spital Thurgau AG tätig.

 

 

Stefan Duewell liebt seine berufliche Tätigkeit bei der Spital Thurgau. In den vergangenen 25 Jahren hat er viel Schönes erlebt. Sowohl als Direktor Radiologie seit Januar 1998 wie auch in der Zusatzfunktion als Ärztlicher Direktor seit Januar 2009. Absoluter Höhepunkt für ihn war der im Jahr 2020 bezogene Neubau der Spital Thurgau AG mit 164 Patientenzimmern. Der Neubau kostete 250 Millionen Franken und das Kantonsspital Frauenfeld ist heute eines der modernsten Spitäler der Schweiz.

Stefan Duewell, per Ende Jahr treten Sie als Direktor Radiologie zurück und gleichzeitig geben Sie die Funktion als Ärztlicher Direktor des Kantonsspitals Frauenfeld ab. Was ist der Grund dafür?
Ich habe vor geraumer Zeit eine Standortbestimmung gemacht und bin zum Schluss gekommen, dass 25 Jahre genug sind. Ich möchte aber betonen, dass ich mich hier immer sehr wohl gefühlt habe und dass die Spital Thurgau eine tolle Arbeitgeberin ist. Zudem ist es grossartig, verantwortlich für die Radiologie zu sein. Die Entscheidung ist mir auch leichtgefallen, weil ich mit Professor Gustav Andreisek, meinem bisherigen Stellvertreter, einen hervorragenden Nachfolger als Institutsdirektor habe. Ab 2023 werde ich nun aber nur noch in einem 80-Prozent-Pensum tätig sein.

Wie hat sich die Radiologie, also Ihr Tätigkeitsgebiet in diesem Vierteljahrhundert verändert?
Anfänglich war ich ja ausschliesslich für das Kantonsspital Frauenfeld zuständig. Damals waren wir hier vier Radiologie-Fachärzte. Seit 2002 bin ich zusätzlich auch für das Kantonsspital Münsterlingen zuständig und aktuell sind wir 42 Radiologie-Fachärzte bei der Spital Thurgau. Der Betrieb ist riesig gewachsen und die Technik hat sich unglaublich dynamisch entwickelt. Dabei hat die Radiologie eine Dienstleister-Funktion inne, wird unsere Tätigkeit ja ausschliesslich auf Zuweisung hin in Anspruch genommen. Unter dem Strich ist es schön, dass wir mit unserer Tätigkeit dazu beitragen können, dass es den Menschen besser geht und so einen Beitrag an das Wohlbefinden leisten.

Gibt es auch Schattenseiten bei Ihrer Tätigkeit?
Im Beruf selber nicht, aber es wird zunehmend schwieriger, Fachpersonal zu finden. Auf der anderen Seite bin ich seit 2009 ja auch Ärztlicher Direktor des Kantonsspitals Frauenfeld und in diesem Zusammenhang hat mich das Thema Corona doch sehr beschäftigt. Vorab der Hass, der uns damals von einzelnen Personen entgegengeschlagen hat, war erschreckend. Vereinzelt mussten wir gar die Polizei rufen. Häufig war das auch gegen unsere Mitarbeitenden gerichtet. Ich hätte ehrlich gesagt nie erwartet, dass so etwas bei uns in der Schweiz möglich ist. Es ist doch eine gewisse Verrohung im Umgang festzustellen. Was uns ebenfalls zu schaffen macht, ist der Umgang mit den Krankenkassen – es gibt in zunehmendem Mass einen Papierkrieg. Unter dem Strich überwiegen die positiven Aspekte aber bei Weitem.

Und welches war der Höhepunkt?
Der absolute Höhepunkt in diesen 25 Jahren war sicher das Neubau-Projekt Horizont. Bei diesem Spitalneubau war ich von Beginn weg an vorderster Front dabei und konnte mitgestalten. Die rund 20 Jahre von der ersten Projekt-Idee bis zur Fertigstellung des Neubaus waren eine bemerkenswerte Zeit. Nach dem Baubeginn war ich regelmässig auf der Baustelle und konnte mit Freude mitverfolgen, wie das alles vorwärts gegangen ist. Es ist einzigartig, was hier entstanden ist. Grossartig war aber auch – um nochmal auf Corona zurückzukommen – der enorme Wille hier bei uns, der lautete «Wir schaffen das», das hat uns enorm zusammengeschweisst!

Wie sehen Ihre Pläne für den dritten Lebensabschnitt aus?
Ich gebe zwar alle Leitungsfunktionen ab, bleibe aber weiterhin als Konsiliararzt in der Radiologie tätig. Auf diese Weise entsteht aber einiges an Freiraum. Gleichzeitig freue ich mich gemeinsam mit meiner Frau Ursula auf diese Zeit. Sie hat ihr Engagement im Gemeinderat ja ebenfalls aufgegeben. Aus diesem Grund gehe ich motiviert in die zweite Reihe.

Interview: Andreas Anderegg


Persönlich
Stefan Duewell hat Jahrgang 1960, ist verheiratet und hat gemeinsam mit seiner Frau Ursula drei mittlerweile erwachsene Kinder. Der heute 62-Jährige ist in Zug aufgewachsen und nach einem Medizinstudium an der Uni Freiburg schloss er 1986 an der Uni Zürich als Dr. med. ab. Die beruflichen Stationen waren das Uni Spital Zürich, das National Heart, Lung and Blood Institute in Washington (USA) und wiederum das Uni Spital Zürich. Im Januar 1998 startete Stefan Duewell als Direktor Radiologie der Spital Thurgau. 
(aa)