Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 27.09.2023

Tempo 30 auf dem Vormarsch

Tempo 30 ist das neue Tempo 50. Und es scheint, als wäre dies die grosse Lösung für Verkehrs- und Lärmprobleme von Stadt und Region. Denn nicht nur will der Kanton auf mehreren seiner Strassen Tempo 30 einführen, auch die Aufwertung der Innenstadt in Frauenfeld sieht mehrere Tempo-30-Zonen vor. Ebenso erfreut sich die 30er-Zone in vielen Gemeinden zunehmender Beliebtheit. Die Gründe sind vielseitig. Ein Beispiel dafür ist Hüttwilen. 

 

 

Der motorisierte Verkehr ist aus der modernen Zeit nicht mehr wegzudenken. Es ist der bequemste Weg, um von A nach B zu kommen. Gerade auch für längere Strecken. Allerdings verursachen Autos diverse Emissionen. Zum einen durch Abgase, zum anderen durch Lärm. Zusätzlich spielen beim Verkehr auch immer Sicherheitsaspekte und Verkehrsberuhigung eine Rolle.


 


Steckborn betroffen


Um die Bevölkerung entlang von stark belasteten Kantonsstrassen vor übermässigem Strassenlärm zu schützen, will der Kanton Thurgau auf sechs Abschnitten Tempo 30 einführen. Unter anderem betrifft das auch die Seestrasse (H13) in Steckborn vom Bereich Kreisel Steckborn bis zur Schützengrabenstrasse. Ohne Massnahmen sind dort 61 Gebäude, beziehungsweise rund 650 Personen lästigem Lärm ausgesetzt.


Die Auflagen für die Projekte auf den Kantonsstrassenabschnitten erfolgten bereits nach den Sommerferien, die Verfahren laufen bereits. «Vereinzelt gab es Einsprachen. Im Grossen und Ganzen aber wurden die Projekte gut aufgenommen», sagt Ivo Spalinger, Ressortleiter Lärmschutz und Stv. Abteilungsleiter Planung und Verkehr beim kantonalen Tiefbauamt. Viel mehr kann er aufgrund der laufenden Verfahren nicht preisgeben. Er rechnet aber damit, dass man Anfang 2024 mit der Umsetzung in den ersten Gemeinden starten könne.


 


Zweites Massnahmenpaket


Die Einführung von Tempo 30 auf den sechs Kantonsstrassen ist in Sachen Lärmschutz das zweite Massnahmenpaket. Es ist die Konsequenz, weil man mit Schallschutzfenstern und Lärmschutzwänden nicht mehr weiterkommt. Der Kanton prüfte indes alle vom Verkehr stark belasteten Kantonsstrassen. In den übrigen Fällen kann der Lärmschutz mit lärmarmen Belägen gewährleistet werden. «Eine Temporeduktion als einschneidendste Massnahme wird nur dort angeordnet, wo keine mildere Massnahme möglich ist», erklärt Ivo Spalinger.


Im ersten Massnahmenpaket investierte der Kanton in den letzten Jahren bereits rund 70 Millionen Franken für gut 24 000 Schallschutzfenster, 5,7 Kilometer Lärmschutzwände und -dämme sowie fast 74 Kilometer lärmarme Strassenbeläge. 6000 Personen, die entlang von Kantonsstrassen wohnen, werden damit geschützt. Heisst, in ihrer Wohnung werden die Grenzwerte der eidgenössischen Lärmschutzverordnung nicht mehr überschritten. «Trotzdem verbleiben zirka 24 000 Personen im Kanton von Lärm-Grenzwertüberschreitungen betroffen», so Ivo Spalinger.


 


Veränderungen in Frauenfeld


Auch in der Frauenfelder Innenstadt sieht die derzeitige, gemeinsame Planung von Stadt und Kanton vor, mehrere Tempo-30-Zonen einzuführen. Die zweite Phase der Öffentlichen Mitwirkung endete Mitte September. Jetzt werden Konzepte erarbeitet, ehe dann in der nächsten Projektphase die Anwohnerinnen und Anwohner sowie alle Interessierten die Möglichkeit erhalten, sich auf der Detailebene in die finale Ausarbeitung einzubringen.


Die derzeitige Planung und laufende Abklärungen sehen vor, den Verkehr in den Bereichen Rathausplatz, Promenade, Vorstadt, Ringstrasse und Rheinstrasse zukünftig mit Tempo 30 sicherer zu machen. Damit nähern sie sich der Höchstgeschwindigkeit von Altstadt und Freie-Strasse an. In der dortigen Begegnungszone ist 20  km/h bereits heute die Höchstgeschwindigkeit.


 


Hüttwilen mit grossem Schritt


Bei den Kantonsstrassen geht es um Lärmimmissionen, in der Innenstadt Frauenfelds vor allem um Verkehrsberuhigung. Und in Quartieren und Dörfern geht es in erster Linie meist um Sicherheitsaspekte, wenn von Tempo 30 die Rede ist. Beispiele dafür gibt es in der Region zur Genüge. Beispielsweise wurde im Februar 2022 in Hüttwilen darüber abgestimmt, ob Tempo 30 in allen drei Ortsteilen der Gemeinde Hüttwilen eingeführt werden soll oder nicht.


Dass nicht alle ihre Freude am verlangsamten Verkehr haben, zeigte jenes Abstimmungsergebnis eindrücklich – mit 360 Ja- zu 335 Nein-Stimmen wurde das Projekt knapp gutgeheissen. Wie Gemeindepräsidentin Sabina Peter Köstli auf Anfrage sagt, habe sich daher eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus der Landwirtschaft, Gewerbe und der Behörde mit dem Thema «Tempo 30» auseinandergesetzt. Die Planung sei mittlerweile weit fortgeschritten: «Geplant ist, dass wir das Projekt an der Gemeindeversammlung im Dezember als Budgetposten präsentieren können, zusammen mit den Details der technischen Massnahmen.»


Kontrollen in Tempo-30-Zonen


Das sagt die Kantonspolizei Thurgau zu Kontrollen in Tempo-30-Zonen.


Gelten für Tempo-30-Zonen spezielle Regelungen für Geschwindigkeitskontrollen?


Die nationale Verordnung über die Tempo-30-Zonen und Begegnungszonen verpflichtet Städte und Gemeinden, die Strassen so zu gestalten, dass sie für Automobilisten klar als Tempo-30-Zone erkennbar sind. Es braucht bauliche Massnahmen wie Fahrbahnverengungen, Versatz der Fahrbahn, Schwellen etc. Die Wirkung dieser baulichen Massnahmen ist durch die Stadt/Gemeinde nach einem Jahr zu überprüfen, und wenn das Geschwindigkeitsniveau noch immer zu hoch ist, sind weitere Massnahmen zu ergreifen. Wird das angestrebte Geschwindigkeitsniveau nicht erreicht, ist die Einstufung der Strasse als Tempo-30-Zone erneut zu prüfen.


 


Was bedeutet das für Kontrollen der Polizei?


In einer Tempo-30-Zone müssen die genannten rechtlichen und baulichen Massnahmen erfüllt sein, damit die Kantonspolizei Thurgau dort Geschwindigkeitskontrollen durchführt. Insbesondere muss das Geschwindigkeitsniveau durch diese Massnahmen auf zirka 37 km/h oder tiefer gesenkt werden können. Genauer gesagt muss das auf 85 Prozent der Fahrzeuge zutreffen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können die zuständigen Stadt- oder Gemeindebehörden die Kantonspolizei ersuchen, Geschwindigkeitskontrollen in Tempo-30-Zonen durchzuführen.


Gibt es Unterschiede in Sachen Häufigkeit von Kontrollen gegenüber Strassen, auf denen ein höheres Tempo gilt?


Die Kantonspolizei führt grundsätzlich im ganzen Kanton Geschwindigkeitskontrollen durch. Aufgrund der genannten Regelungen werden bei Tempo-50- und Tempo-80-Signalisationen sowie auf Autobahnen häufiger Kontrollen durchgeführt.


Welche Erfahrungen hat man in Bezug auf den Erfolg von Speedy-Messgeräten in Tempo-30-Zonen?


Die Speedy Geräte sind ein Mittel zur präventiven Wirkung und sie sollen die Verkehrsteilnehmer auf gefahrene Geschwindigkeiten sensibilisieren.


 Michael Anderegg