Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.09.2016

Champion ist zurück

Grandioser Empfang der Paralympic-Athleten am Flughafen Kloten

Der Pfyner Rollstuhl-Leichtathlet Marcel Hug ist an den Paralympics in Rio viermal gestartet und hat auch vier Medaillen (zweimal Gold / zweimal Silber) gewonnen. Am Dienstag nachmittag ist er mit dem Schweizer Team am Flughafen Kloten von zahlreichen Fans empfangen worden. Unter ihnen eine Delegation aus Pfyn mit Gemeindepräsidentin Jacqueline Müller an der Spitze. «Wunderschön, so etwas erleben zu dürfen,» meinte der Champion strahlend.

 

 

Nach vielen Jahren Bangen und Hoffen hat es an seinen bereits 4. Paralympics für Marcel Hug (Pfyn) endlich zu Gold (gleich zweimal) gereicht. In Rio zeigte der sonst so besonnene Rollstuhl-Leichtathlet nach seinem Sieg über 800 Meter ungewohnte Emotionen.

Marcel Hug – am 16. Januar 1986 mit Spina bifida (offener Rücken) geboren – ist ein äusserst besonnener Zeitgenosse. Dass er in Rio de Janeiro nach seiner ersten Goldmedaille so ausgelassen jubelte, ist naheliegend: «So lange habe ich auf dieses eine Ziel hin gearbeitet. Endlich konnte ich mir meinen Traum erfüllen.» Sein Erfolgs-Trainer Paul Odermatt war schon vor der Abreise nach Brasilien zuversichtlich: «Marcel war noch nie so stark wie jetzt.» Und am Dienstag bei der Rückkehr in Kloten durfte er anmerken: «Seine Leistungen waren grandios. Besser kann man es nicht machen.» Auf seiner Homepage streicht Marcel Hug in zwei Zitaten seine Absichten deutlich heraus: «Ich will als Sportler respektiert und nicht als Behinderter bewundert werden. Ich mache Sport, obwohl ich im Rollstuhl bin und nicht, weil ich im Rollstuhl bin.»

Emotionaler Moment
Die Krönung seiner längst grossartigen Karriere gelang dem 30-jährigen Thurgauer nun im vierten Anlauf. Bei seiner Paralympics-Premiere 2004 in Athen holte er sich gleich zweimal Bronze. Obwohl schon stark gereift, blieb er vier Jahre später in Peking unerwartet sogar ohne Medaille. In London schauten 2012 zwei Silbermedaillen heraus. Und jetzt in Rio durfte er sich nach erneut zweimal Silber (1500 und 5000 Meter) über 800 Meter nach einem brillanten Auftritt von der Spitze aus endlich das so ersehnte erste Gold um den Hals hängen lassen. «Ja, es war ein enorm emotionaler Moment. Endlich ist der Mount Everest von meinen Schultern abgefallen.» Wird sein bestbekannter Silberhelm nun goldig? «Nein, der bleibt so wie er ist.»
Im abschliessenden Marathon doppelte Hug gleich mit einem weiteren Triumph nach und liess im Schlussspurt dem hartnäckigsten Gegner, dem Australier Kurt Fearnley, keine Chance. «Ich habe Kurt in dieser Saison bereits zweimal geschlagen. Gut, ging es auch diesmal auf,» durfte der weltbeste Allrounder erfreut festhalten. Einer, der schon die weltberühmten Stadt-Marathons in New York (2013), London (2014/2016) sowie Boston (2015/2016) gewonnen hat, den musste man in Rio auf der Favoriten-Rechnung haben.

Dem Thurgau eng verbunden
Wie aber geht es jetzt für den mehrfachen Weltrekordhalter nach sieben WM-Titeln, unzähligen Schweizer Meistertiteln und als bereits fünffacher Thurgauer Sportler des Jahres weiter? Das ist übrigens nur ein kleiner Teil seiner vielen Auszeichnungen. Ist nach 12 Jahren Spitzensport und der Erfüllung seines Bubentraumes nun Schluss? Der sympathische Athlet setzt sein strahlendstes Lachen auf: «Ich kann mir durchaus vorstellen, auch an den Paralympics 2020 in Tokio dabei zu sein.» Seit 2010 ist Marcel Hug Profisportler und trainiert sechsmal pro Woche unter optimalen Bedingungen auf der Anlage des Paraplegiker-Zentrums in Nottwil und wohnt in Neuenkirch.
Doch dem Thurgau bleibt er eng verbunden: «Ich komme immer wieder gerne hierher zurück.» Ob in Pfyn ein besonderer Empfang auf ihn wartet? Gemeindepräsidentin Jacqueline Müller ist enorm stolz auf ihren Botschafter in aller Welt: «Ich mag ihm dieses zweifache Gold so gönnen. Wir haben am Ortseingang von Pfyn sofort eine Gratulations-Tafel aufgestellt mit der Erwähnung seiner Medaillen. Im Januar werden bei uns Sportler geehrt, da laden wir selbstverständlich immer auch Marcel ein. Hoffentlich kann er dabei sein.»

Ein Auto als Geschenk
Gestern Dienstag nachmittag ist die Schweizer Paralympic-Delegation mit Marcel Hug (und auch mit der jungen Mettendorferin Catherine Debrunner) am Flughafen in Kloten von vielen lautstarken Fans und Alphornklängen gebührend empfangen worden. Am meisten als Interview-Partner gefragt war der vierfache Medaillengewinner Marcel Hug und auf ihn wartete eine spezielle Überraschung. Unter den rot-weissen Fähnchen waren auch nur weisse mit dem Jaguar-Emblem darauf. Das hatte einen guten Grund: Sein Auto-Sponsor schenkte ihm gleich nach den Feierlichkeiten in der Ankunftshalle draussen ein neues Auto. Von dieser Aktion wusste Marcel Hug nichts. Also einsteigen und beschwingt nach Hause fahren war angesagt.

Ruedi Stettler

 

 

Champion ist zurück