Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 06.12.2017

«Schmerz des Vermissens»

Stadtrat direkt

«Wenn der Schmerz des Vermissens Einsicht gebiert…» – so lautet die Einleitung zu einem Text, den ich vor mehr als zwanzig Jahren geschrieben habe.

 

 

Es geht um Menschen, die jemanden oder etwas verloren haben, eine Freundin, eine Aufgabe, eine Perspektive, einen Verwandten. Als ich im November am Sterbebett meiner Mutter sass, sind mir die Worte in den Sinn gekommen. Und ich habe mich gefragt, welche Einsicht jetzt aus diesem Verlust wachsen wird. Naheliegend ist die Einsicht in die Endlichkeit und die Trauer darüber. Naheliegend auch die Dankbarkeit, dass sie mir das Leben geschenkt und mich auf dem Weg zu dem Menschen, der ich heute bin, begleitet hat.

Doch gab es auch Verpasstes, Unausgesprochenes? Ich habe viel darüber nachgedacht. Die vier Wochen bangen Hoffens boten mir leider allzuviel Gelegenheit. Als ich dann Ende November zum Totenbett gerufen wurde, wurde mir in der Stunde des Abschieds bewusst: Nein, es steht nichts Belastendes zwischen uns. Das macht die Trauer nicht leichter. Der Schmerz des Vermissens bleibt. Aber er vermag nicht das zu schmälern, was mir unauslöschlich bleiben wird: ihre Liebe.

Anders Stokholm, Stadtpräsident