Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 06.02.2019

Heimspiel bleibt aus

Der Schweizer National-Zirkus Knie hat seine Wurzeln in Frauenfeld

Bei seinen Vorstellungen zum 100-Jahr-Jubiläum macht der Na-tional-Zirkus Knie einen Bogen um den Thurgau. Dabei reichen die Wurzeln der Knie-Dynastie bis nach Frauenfeld, wo sie Bürger sind – was allerdings auf Umwegen geschah.

 

 

An insgesamt 33 Orten in der Schweiz macht der Schweizer National-Zirkus Knie auf seiner Jubiläumstournee Halt – eine Station im Thurgau findet man auf dem Tourneeplan aber nicht. Wie Marketingleiter Herbert Scheller vom Zirkus Knie sagt, kann der Zirkus Knie dieses Jahr aus terminlichen Gründen weder in Frauenfeld noch in Kreuzlingen gastieren. Nächstes komme man auf jeden Fall wieder nach Frauenfeld.Gemäss Waffenplatzkommandant Felix Keller hat der Zirkus Knie den Platz auf der Grossen Allmend für 2020 bereits reserviert: «Der Knie ist eine gute Sache und er kommt alle zwei Jahre nach Frauenfeld. Er hat bei uns einen festen Platz auf der Grossen Allmend.» Wie Scheller weiter sagt, laufen Abklärungen für ein zusätzliches Gastspiel in Kreuzlingen im kommenden Jahr.

Schöne Erinnerungen
Stadtpräsident Anders Stokholm hat seinerseits «viele schöne Erinnerungen an die Besuche im Zirkus Knie während meiner Kindheit. Einmal war ich sogar an meinem Geburtstag dort, das war, als Emil Steinberger mit auf der Tournee war. Er hat mit allen Geburtstagskindern eine Raubtier-Dompteur-Vorführung gemacht – unvergesslich für mich. Solche Erinnerungen wünsche ich auch Frauenfelder Kindern, weshalb ich mich freue, dass der Zirkus Knie nächstes Jahr wieder nach Frauenfeld kommt – ganz im Sinne von ‹zurück zu den Wurzeln›.»

Aus Österreich stammend
Zwar feiert der National-Zirkus Knie heuer sein 100-jähriges Bestehen, die circensischen Wurzeln in der Familienchronik reichen freilich viel weiter zurück. Gründer der Knie-Dynastie war der im Jahr 1784 in Erfurt (A) geborene Friedrich Knie. Er gründete 1806 mit Aktobaten und Pferden ein Seiltänzer- und Künstlerunternehmen. Ab 1814 traten die Knies regelmässig in der Schweiz auf – so unter anderem auch am 23. Juni 1839 in Frauenfeld, womit sie ein mehrtägiges Gastspiel beendeten. «Dort zeigten die Seiltänzer in einer Höhe von 80 Fuss – 24 Meter – über dem Kreuzplatz ihre Künste» – wie Angelus Hux als versierter Lokalhistoriker zu berichten weiss.

«Erster Akrobat Europas»
Nach dem Tod von Friedrich Knie im Jahr 1850 übernahm dessen Sohn Karl Knie die Leitung. Dieser war mit Anastasia Maria Staudinger verheiratet. Sie hatten sieben Kinder, die bereits die dritte Generation bildeten und alle im Zirkus eingebunden waren. Karl Knie war als Seiltänzer und als «erster Akrobat Europas» bekannt. Sohn Ludwig eiferte dem Vater nach und wurde ebenfalls ein Seiltänzer. Im Jahr 1860 verstarb der Vater Karl, worauf Anastasia Knie die Leitung übernahm.
Während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 musste die Familie Knie ihre Arena auflösen. Sohn Ludwig Knie heiratete Marie Heim und durch harte Arbeit gelang es den beiden, die Arena wieder aufzubauen. Bereits im Alter ab vier Jahren waren ihre Söhne Louis, Friedrich, Rudolf, Karl und Eugen in der Arena anzutreffen.

Einbürgerung in Gerlikon
Der Überlieferung zufolge wollten sich die Knies damals in Frauenfeld einbürgern lassen, was aber nicht möglich war. Denn die Bestimmungen zur Aufnahme ins Bürgerrecht der Stadt schreiben eine mehrjährige Mindestwohnsitzdauer vor, und diese Vorgabe erfüllten die Artisten aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit nicht. Später stellten Ludwig und Marie Knie ein Bürgerrechtsgesuch in Gerlikon, das zur Munizipalgemeinde Gachnang gehörte. Dort wurden sie am 26. Dezember 1900 zusammen mit ihren vier noch unmündigen Söhnen mit acht zu zwei Stimmen eingebürgert.

Die Geburtsstunde
Einige Jahre später entschlossen sich die vier «Gerlikoner» Friedrich, Rudolf, Karl und Eugen Knie, ihre «Arena in einen grossen Zeltzirkus» umzuwandeln. In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1919 bauten sie dieses auf der Schützenmatte in Bern auf und zwei Wochen später, am 14. Juni 1919, fand die Premiere statt. Das war die Geburtsstunde des Schweizer National-Zirkus Knie.

Stets verbunden
Seit der Einbürgerung in Gerlikon blieben die Knies stets verbunden mit ihrem Heimatort. So schufen sie Mitte des letzten Jahrhunderts einen «Gebrüder-Knie-Fonds», dessen Mittel bedürftigen Kindern zugute kam. Daneben unterstützen sie immer wieder Projekte in Gerlikon, wie die Erstellung einer Dorfchronik und die Renovation der Orgel in der Kappelle. Mittlerweile wurde der Fonds aber aufgelöst, wobei der letzte Rest für den Bau des Turnplatzes verwendet wurde. Als Gerlikon bei der Gemeinde-Reorganisation per 1. Januar 1998 von Gachnang zu Frauenfeld wechselte, wurden die Knies auf Umwegen dann doch noch Bürger von Frauenfeld.

Andreas Anderegg

www.knie.ch

 

 

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