Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 09.06.2021

«Ein Museum muss leben»

Seit zehn Jahren Direktorin des Historischen Museums Thurgau

Gabriele Keck übernahm im Jahr 2011 die Museumsdirektion des Historischen Museums Thurgau. Schnell war klar, dass sie gekommen war, um zu verändern. In zehn Jahren verhalf sie dazu – gemeinsam mit ihrem Team – dem Museum mit seinen Standorten Schloss Frauenfeld und Schaudepot St. Katharinental ein neues Gesicht zu geben.

 

 

Ein Museum ist für die Bevölkerung. «Unser Job ist grandios, den könnten wir auch ohne Publikum erledigen. Aber das ist ja nicht der Sinn und Zweck der Sache und macht viel weniger Spass», sagt Museumsdirektorin Gabriele Keck. Ein Historisches Museum müsse leben, neugierig machen und attraktiv sein – für Gross und Klein. Denn die Menschen sollen es schliesslich in ihrer Freizeit besuchen und gerade in Sachen Fülle an Freizeitangeboten «ist die Konkurrenz in und um Frauenfeld gross», so Keck. Diese Aussagen zeigen, dass die im Raum Frankfurt am Main geborene Frau, die in Fribourg studierte und seit Jahrzehnten in der Schweiz lebt, mehr als nur eine Verwalterin ist. Sie will etwas bewegen.

Fast alles auf Anfang
In diesem Jahr feiert Gabriele Keck ihr 10-Jahr-Jubiläum als Museumsdirektorin. «Wo ist denn nur diese Zeit hin», fragt sie sich ironisch selbst und denkt an die Anfänge in Frauenfeld zurück. Sie kam 2011 als Vizedirektorin des Historischen Museums Bern nach Frauenfeld. «Ich musste hier einiges neu lernen. Ich wusste zum Beispiel, wie viel Wein für eine Vernissage mit 1000 Leuten im Casino Bern bestellt werden muss. Aber hier?», erinnert sie sich. Weder habe sie gewusst, auf welches Interesse das Museum hier stösst, noch wie die Dinge hier laufen. Also hat sie das getan, was sie am besten kann: Die Dinge so anpacken, wie sie es für richtig hielt. Und der Erfolg gibt ihr recht. Nicht umsonst haben sich die Besucherzahlen in den letzten Jahren mehr als verdoppelt.

Neue Strukturen
Die Direktorin liess hinter den Kulissen kaum einen Stein auf dem anderen. «Ich wollte Veränderung, Aufbruch-Stimmung war angesagt», sagt sie und ergänzt: «Zum Glück wurden mir und meinem Team viele Freiheiten gelassen, unsere Visionen und Gestaltungsvorstellungen zu verwirklichen». Dann macht sie eine kurze Denkpause und ergänzt abermals: «Und zum Glück hat alles immer geklappt. Sonst hätte sich das mit der Freiheit vielleicht geändert», sagt sie und beginnt herzhaft zu lachen.

Viel bewegt
Gerade was Modernisierung, Professionalisierung und Optimierung anbelangt, hat sich seit Gabriele Kecks Amtsantritt so einiges getan. Viel Administratives, beispielsweise im Besucherservice, läuft automatisiert. Auch bei den Funktionen wurden die Ressourcen umverteilt und neue Strukturen geschaffen, die einem modernen Museum gerecht werden. «Das war auch dank einer natürlichen Verjüngung des Personals möglich. Das ist natürlich eine Freude», so Gabriele Keck.

Kaum wiederzuerkennen
Wenn jemand vor zehn Jahren letztmals im Historischen Museum im Schloss zu Gast war, dem verspricht Gabriele Keck: «Man erkennt das Museum kaum wieder». Denn vor sechs Jahren habe man im Inneren alles auf Vordermann gebracht in Sachen Licht und Präsentation. Man liess zwar alle Steine aufeinander, schliesslich ist das Schloss ein geschütztes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Aber es ist optisch einiges passiert, ohne die Substanz der alten Gemäuer zu beschädigen.
«Museum ist heute nicht mehr nur ein Ausstellungsstück anschauen und einen sehr langen Text darüber zu lesen. Museum ist heute so viel mehr. Zum Beispiel erkunden, anfassen, riechen, rätseln und interagieren. Dazu braucht es viele, unterschiedliche Medien. Ein Museumsbesuch soll ein Erlebnis sein und Emotionen wecken», schwärmt Gabriele Keck.

Auf einem guten Weg
Die 61-jährige Gabriele Keck ist derzeit auch bei der Aufgleisung des neuen Standorts der neueren Thurgauer Geschichte in Arbon beteiligt. «Bis dieses aber nach Abstimmung und Aufbau wirklich eröffnen wird, bin ich wohl nicht mehr Museumsdirektorin», sagt sie. Bis zu ihrem Ruhestand wolle sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen dort einbringen und gleichzeitig auch das Bestehende im Schloss Frauenfeld weiter optimieren. «Wir müssen unser Angebot noch bekannter machen. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel», bilanziert sie die Entwicklung der letzten zehn Jahre.
Bald sei es nämlich wieder an der Zeit, die Präsentation der Ausstellung im Schloss zu prüfen und anzupassen. «Wir müssen uns gemeinsam mit allem Drumherum stetig weiterentwickeln. Nur weil wir ein Historisches Museum sind, heisst das nicht, dass immer alles gleichbleiben muss», sagt Gabriele Keck dazu. Aus diesem Grund ist sie überzeugt, dass das Museum in zehn Jahren wieder kaum wiederzuerkennen sei, ebenso wie das heute im Vergleich mit dem Jahr 2011 der Fall ist.

Michael Anderegg