Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 05.04.2023

Ein Vorbild für andere junge Geflüchtete

Gutes Beispiel für gelungene Integration

Der junge Afghane Turan Ologh Bek ist seit sieben Jahren in der Schweiz – und schon Klassenbester.

 

 

Samstagnachmittag am Bahnhof Frauenfeld. Der junge Mann, 26, verabschiedet sich. Jetzt putzen, einkaufen, dann lernen, lernen, lernen. Nächste Woche stünden einige Prüfungen an, an der Berufsschule in St. Gallen. Alles über Verpackungsstoffe. Was sich ganz normal anhört, ist es – und doch auch nicht.
Der, der sich mit freundlichem Händedruck verabschiedet, wird Turan gerufen. Vom usbekischen Norden von Afghanistan kommt er her, Ologh Bek Turan. «Halbmond» heisse das. Nach einer traumatisierenden Flucht hat er den Weg in die Sicherheit im Thurgau gefunden. Einer seiner Brüder heisse Timur. Timur? Nach Amir Timur? Turan strahlt: «Ja, kennt man den hier?» Die meisten wohl nicht, den Begründer der Seidenstrasse. «Genau, von dem stammen wir ab.»

Vorbildliches Verhalten
An seiner Schule sei er bereits Klassenbester, so die Klassenlehrerin in St. Gallen zur Frauenfelder Woche. Und im Betrieb? Elke Danhofer, Chefin Lehrlingsausbildung bei Model AG in Weinfelden, gibt Einblick in eine ganz ausserordentliche Erfolgsgeschichte einer geglückten Integration eines jugendlichen Geflüchteten: «Ologh Bek Turan kam vor drei Jahren durch die Stiftung Zukunft zu uns. Die Stiftung ermöglichte ihm ein Praktikum in unserem Unternehmen, bei dem er die zukünftige Ausbildung näher kennenlernen konnte und wir auch ihn. Parallel dazu besuchte Ologh weiterhin einen Deutschkurs.» Im August 2021 habe er dann die zweijährige EBA-Ausbildung zum Printmedienpraktiker Kartonage und Verpackung begonnen. «Von Anfang an arbeitete er super mit und wurde durch seine freundliche Art von allen Kollegen geschätzt. Im Mai dieses Jahres wird er seinen Abschluss an der Berufsschule sicher mit Bravour bestehen.» Probleme? Danhofer: «Probleme gab es keine, im Gegenteil, durch seinen Einsatz unterstützte er nicht nur den Betrieb, sondern auch die anderen Lernenden.»

Ein Vorbild für andere
Auch Monika Leutenegger und Marie-Louise Eiholzer vom Solinetz in Frauenfeld sind des Lobes voll: «Turan ist ein Vorbild für viele andere junge Geflüchtete.» Willensstark habe er sich von Anfang an um Integration bemüht. Der Königsweg dahin? Lernen, lernen, lernen. Daneben Weiterbildung, beispielsweise in Fotografie. Deshalb aufgepasst, wer ein Familienfest plant: Turan hat sich schon mehrfach bewährt, alles ins beste Licht zu rücken. Ein willkommener Zustupf für ihn, der mit seinem Lehrlingslohn immer noch etwas findet, das er seiner Familie nach Hause überweisen kann. Die Kosten für die Einzimmerwohnung? «Die Firma Model AG gibt sie mir vergünstigt ab, wofür ich sehr dankbar bin.»
Oft wird Turan gebeten, vor jungen Geflüchteten zu sprechen. Auf Deutsch, aber er spreche auch Urdu, Farsi, Dari, Usbekisch und Englisch. Was er ihnen jeweils sagt? Gebt Euch Mühe, lernt, lernt, lernt.» 2015 kam Turan in die Schweiz. Von Zürich über Kreuzlingen ging’s nach Frauenfeld, ins Camp der Peregrina. Und erstaunlich schnell ging’s bergauf. Turans Ziel nach der LAP? «Ich würde gerne Fachmann für Verpackungstechnologie werden».

Erinnerungen an die Heimat
In seiner spärlichen Freizeit hilft Turan, wo er kann: bei der Kinderbetreuung in einer Freikirche zum Beispiel; daneben spielt er leidenschaftlich gerne Fussball. Geht an Vorträge über andere Länder, die vom Krieg heimgesucht wurden. Und: er kocht himmlisch. «Weisst du, zu Hause hatten wir Felder mit Getreide und Wassermelonen, Kühe, Ziegen, Hühner. Afghanistan ist ein Landwirtschaftsland.» Er kommt ins Schwärmen, wenn er vom frischen Gemüse, von den reifen Trauben spricht. Deswegen kauft er auch hier gerne saisongerecht ein. «Fleischsuppe ist meine Spezialität, fast so, wie meine Mama sie jeweils zubereitet hat.»
Sagt’s, winkt und spricht auf dem Weg zum Perron mit einem Kollegen aus dem Irak. Dessen Blick beweist es: Turan hat eine Position, ist ein Vorbild, wie man es sich besser nicht vorstellen kann. Thomas Schaffner

Turans Kontaktdaten für Foto-Aufträge: turan.bek@gmx.ch oder
076 510 90 17.