Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 12.04.2023

Ja oder Nein? Für die Stadt geht es um Millionen

Botschaft zum Verkauf des Casinos liegt vor

Der Frauenfelder Stadtrat hat am Dienstag die Abstimmungsbotschaft zum Verkauf der Casino-Liegenschaft – Bahnhofplatz 76b/Kasernenplatz 4 – vorgestellt. Am 18. Juni wird das Stimmvolk damit über die Zukunft des Frauenfelder Stadtsaals bestimmen. Sowohl in der Botschaft als auch an der Präsentation vor den Medien macht der Stadtrat deutlich, welche Auswirkungen ein Ja oder auch ein Nein in rund zwei Monaten zur Folge haben werden.

 

 

«Eigentlich wollen wir alle dasselbe», brachte es Stadträtin Elsbeth Aepli Stettler während der Medienkonferenz auf den Punkt, «nämlich einen hochwertigen Stadtsaal, in dem ein erfolgreicher Kultur- und Eventbetrieb möglich ist.» Die Geister scheiden sich allerdings bei der Frage, wo dieser sein soll. Zur Auswahl stehen die Liegenschaft am Bahnhofplatz 76b (Casino) oder ein Neubau in der Doppelreithalle der Stadtkaserne. Für letzteres befindet sich derzeit eine Vorstudie in Arbeit, deren Ergebnisse noch vor der Abstimmung publiziert werden sollen.

Erlös für neuen Stadtsaal
Der Stadtrat ist sich einig: Er favorisiert klar eine neue Lösung in der Stadtkaserne. «Das Gebäude am Bahnhofplatz ist in die Jahre gekommen und eine erneute Sanierung muss demnächst angegangen werden», sagte Stadtrat Andreas Elliker. «Das würde die Stadtkasse in den nächsten Jahren mit rund 12 bis 18 Millionen Franken belasten.» Dem gegenüber steht das Angebot der Credit Suisse Anlagestiftung, die das Gebäude am Bahnhofplatz für 13,95 Millionen kaufen möchte. «Dieses Angebot übersteigt den eigentlichen Wert der Immobilie massiv, die durch die TKB auf 8 Millionen Franken geschätzt wurde», argumentierte Elliker. Er sprach von einer einmaligen Chance, denn der Erlös werde – abzüglich des Ausgleichs des Finanzdefizits in der Stadtkasse – vollumfänglich in einen neuen, zeitgemässen Stadtsaal investiert. Sollte das Casino bei einem Nein an der Urne im Juni totalsaniert werden müssen, schliesst der Stadtrat auch eine Steuerfusserhöhung nicht aus.

Blick hinter die Kulissen
Die Notwendigkeit einer Sanierung des Casinos ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich und stösst deshalb auf Skepsis. Stadtrat Fabrizio Hugentobler, der als Vorsteher des Departements für Thurplus, Freizeit und Sport das Gebäude bestens kennt, kann diese Bedenken nachvollziehen. «Besucherinnen und Besucher sehen das schöne, helle Foyer und den prächtigen Casino-Saal, aber nicht das, was sich hinter den Kulissen verbirgt».
Denn das Gebäude entspreche in Sachen Sicherheit, Haus- und Bühnentechnik sowie Brandschutz und Behindertengerechtigkeit den heutigen Anforderungen nicht mehr. «Wir haben im letzten Monat zahlreiche Führungen durchgeführt und die Teilnehmenden haben oft gestaunt, wie beengt und veraltet das Gebäude ist.»

Kasernenplatz 4 veraltet
Betroffen von einem möglichen Verkauf ist auch das Gebäude am Kasernenplatz 4, in dem das Amt für Gesellschaft und Integration untergebracht ist. Die Vorsteherin des Departements für Gesellschaft und Soziales, Stadträtin Barbara Dätwyler Weber, erläuterte: «Das Angebot des AGI wie Deutschkurse und Sprachspielgruppe wurden wegen des Bedarfs in den letzten vier Jahren ausgebaut und daher sind die Räumlichkeiten nicht mehr optimal.» Das Amt habe bereits weitere externe Räumlichkeiten angemietet, damit alle Kurse stattfinden können. «Wir brauchen mehr Schulungsräume beziehungsweise moderne Unterrichtsräume und kindergerechtere Räume mit einem Aussenraum. Auch die Liftanlage ist für Eltern mit Kinderwagen viel zu klein. Dasselbe gilt für das niedrige und enge Treppenhaus», sagte Barbara Dätwyler Weber.

Forderung nicht umsetzbar
Ein Verkauf der Liegenschaft Casino ohne die Option, in Bahnhofsnähe einen neuen Stadtsaal zu schaffen, stand für den Stadtrat zu keiner Zeit zur Diskussion. «Sicher ist, dass es die finanzielle Lage der Stadt nicht zulässt, auf gut Glück zuerst für einen zweistelligen Millionenbetrag ein neues Projekt zu realisieren, ohne die Sicherheit, dass das jetzige Gebäude anschliessend gewinnbringend verkauft werden kann», sagte Stadtpräsident Anders Stokholm. Damit reagiert er auf die Forderung der Petition «Casino nicht ins Ungewisse planen!», zuerst einen neuen Stadtsaal zu bauen und erst dann das Casino zu verkaufen. Es ist gerade diese Unterbruchsdauer zwischen dem Verschwinden des Stadtsaals im Casino und dem Start an einem neuen Ort, der Kritikern Sorgen bereitet.

Zeitplan präsentiert
Fakt ist, eine Totalsanierung des Casinos hätte einen Unterbruch des Betriebs im Casino von 1,5 bis zwei Jahren zur Folge. Ob eine etappierte Sanierung möglich ist, müsste noch geprüft werden. Dem Stadtrat ist es ein Anliegen, die Unterbruchsdauer für den Veranstaltungsbetrieb so kurz wie möglich zu halten. Gemäss Anders Stokholm ein weiterer Grund, der für die Neubaulösung spreche. «Bei einem Ja soll es voraussichtlich im Herbst 2025 eine Volksabstimmung für einen Baukredit geben. Wenn dann alles glatt läuft, soll der neue Stadtsaal im Jahr darauf gebaut und bis Sommer 2027 betriebsbereit sein», sagte er. Mit der CS-Anlagestiftung wurde als Verkaufstermin Ende 2026 ausgehandelt, somit würde ein Unterbruch von ein paar Monaten entstehen.

Was kommt danach?
Ein Provisorium ist gemäss Fabrizio Hugentobler keine Option. «Das ist schlicht nicht realistisch», sagte er. Über die Pläne der Käufer kann nicht viel verraten werden. Klar ist, die CS-Anlagestiftung besitzt bereits die benachbarten Liegenschaften Bahnhofstrasse 76 und 76a und möchte die drei Liegenschaften mit einem Gesamtkonzept einheitlich gestalten. Dass das Casino-Gebäude abgerissen werden soll, ist unbestritten. Was aber die genaueren Pläne sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Klar ist, dass sich das künftige Bauprojekt im Rahmen des bestehenden Gestaltungsplans bewegen muss und von der Fachkommission Hochbau von der Stadt beurteilt wird. Zudem soll es dann auch proaktiv der Bevölkerung im Rahmen einer Mitwirkung vorgestellt werden. «Wir haben den Anspruch, dass am Bahnhofplatz ein städtebaulich und architektonisch ansprechendes Objekt für die Stadt entsteht», sagte Fabrizio Hugentobler.

Alle kommen zu Wort
In der Abstimmungsbotschaft kommen alle Parteien zu Wort. Der Stadtrat, das Pro- sowie das Contra-Komitee und auch die Debatte aus dem Gemeinderat vom vergangenen Februar – 19 Ja- zu 18-Nein Stimmen zum Verkauf – wurde mit Argumenten beider Seiten in der Botschaft publiziert. Von Kritiker-Seiten wurden unter anderem Bedenken geäussert, dass der Denkmalschutz eine Umsetzung in der Reithalle nicht zulasse. Bezweifelt wird auch, ob der Erlös aus dem Verkauf reicht, um in der Stadtkaserne eine neue Lösung zu realisieren. In Bezug auf den jetzigen Standort wird bemängelt, dass nicht klar sei, wie schlecht der Zustand wirklich ist und ob aus ökologischen Gründen eine Sanierung einem Neubau sowieso vorzuziehen sei. (mra/svf)

Letzte Führungen und Infoveranstaltung
Am 18. Juni wird abgestimmt. Für Unentschlossene bietet sich am 12. April (15 Uhr und 18.30 Uhr) und am 17. April (18.30 Uhr) nochmals die Gelegenheit, an einer Führung teilzunehmen, oder am 25. April um 19 Uhr im Rahmen einer Informationsveranstaltung im Casino dem Stadtrat Fragen zu stellen. (mra)

Credit Suisse Anlagestiftung
Die Credit Suisse Anlagestiftung (CSA) ist eine Stiftung nach Schweizer Recht und dient der beruflichen Vorsorge. Sie bezweckt die gemeinsame Anlage und Verwaltung von Vorsorgegeldern. Die Credit Suisse Anlagestiftung (CSA) ist rechtlich unabhängig vom Konzern Credit Suisse und ist deshalb von der Übernahme durch die UBS nicht direkt betroffen. (zvg)