Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 20.04.2023

Klare Position zum Casino-Verkauf: «Eine Nötigung des Stimmvolks»

Nein-Komitee nimmt Stellung zur Abstimmung am 18. Juni

Der Stadtrat stellte letzte Woche die Abstimmungsbotschaft für den Casino-Verkauf vor. Auf diese Botschaft reagierte das «Nein-Komitee zum überstürzten Casino-Verkauf» prompt. Dessen Mitglieder schlagen harsche Töne an und machen dem Stadtrat happige Vorwürfe. Zudem hat sich das Komitee bekannte Unterstützung geholt: Musiker Pepe Lienhard.

 

 

Der Stadtrat sei in einen Sprint gestartet, obwohl ein solches Geschäft normalerweise ein Marathon sei. «Den Sprint begrüssen wir, aber der Stadtrat ist sich nicht bewusst, dass er einen Hindernislauf absolviert», sagte Mitte-Gemeinderat Christoph Regli am Donnerstag vor den Medien. Er ist einer von vier Co-Präsidenten des «Nein-Komitee zum überstürzten Casino-Verkauf» sowie eine von fünf Personen, die im Café Rhyhof ihre Argumente zur Abstimmung am 18. Juni präsentierten.

Offene Fragen
Beim vorliegenden Projektstand würde das Casino verkauft, ohne dass eine Garantie für den Ersatz eines optimal funktionierenden Stadtsaals gegeben sei, ist das Nein-Komitee überzeugt. Es bezeichnet die Verkaufspläne daher als überstürzt – es ist ein «Entscheid ins Ungewisse», wie Christoph Regli es nennt. Er geht noch weiter: «Die Art und Weise, wie dieses Projekt entstanden ist und wie dazu kommuniziert wird, ist zu intransparent, zu unsicher und vor allem in vielen Fragen unklar.» Geplant ist, die Casino-Liegenschaft Bahnhofplatz 76b/Kasernenplatz 4 für 13,95 Mio. Franken an die Credit-Suisse-Anlagestiftung zu verkaufen.

Es fehlen Informationen
EVP-Kantonsrat und alt-Gemeinderat Roland Wyss sagte, dass das Volk schlicht zu wenig wisse, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können: «Wir haben keine Infos zum bestehenden Bau und keine detaillierten Infos über den geplanten Neubau», sagte er. Zwar sei eine Vorstudie betreffend Stadtsaal-Einbau in die Doppelreithalle in Auftrag gegeben worden, diese wird aber wohl erst im Mai abgeschlossen werden und dann dem Volk präsentiert. «Solche Infos und Machbarkeitsstudien für beide Objekte gehören doch in eine Botschaft. Das ist kein seriöses Schaffen», so der Co-Präsident weiter. «Eine Nötigung des Stimmvolks und seltsame Kriegsführung» findet Christoph Regli klare Worte für das Vorgehen des Stadtrats, der seit dem Aufkommen von Gegenwind immer wieder «häppchenweise» Informationen preisgebe.

Diskrepanz in den Botschaften
Co-Präsident und Grüne Gemeinderat Michael Pöll ergänzt, dass der Stadtrat in einem laufenden Spiel immer wieder die Spielregeln ändern würde. Dies verdeutlichte er mit dem Hinweis, dass in der Botschaft für die Volksabstimmung Infos zu den Beschränkungen der zugelassenen Personenanzahl während der Zwischennutzung fehlen würden. «In der Botschaft an den Gemeinderat waren die teils massiven Einschränkungen für die Jahre 2025 und 2026 noch klar ausgewiesen», so Michael Pöll. Weiter spricht der Co-Präsident die ökologischen Auswirkungen an, die in den Überlegungen des Stadtrates bisher gar keine Rolle spielten. Er verlangt unter anderem eine Ökobilanz mit einem Vergleich zwischen einer Sanierung und dem Abriss des Casinos. «Auch hier wird überhastet und Abklärungen werden nicht gemacht. Dabei sind das Grundsatzfragen, die sich eine professionelle Bauherrschaft in der heutigen Zeit stellen muss.» Er stellt auch in den Raum, dass der Gemeinderat mit einer entsprechenden Studie allenfalls anders entschieden hätte, als mit knappen 19 Ja- zu 18 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung.

Widersprüche
Bemängelt wird vom Nein-Komitee auch, dass sich die Stadträte gegenseitig widersprechen würden, wenn es um den Unterbruch des Kulturbetriebs geht. Einerseits werde von einem «unausweichbaren Unterbruch» und andererseits von einem «möglichst nahtlosen Übergang» gesprochen. Das berge viele Risiken. «Und wir sind nicht bereit, diese einzugehen und am Ende dann während Jahren oder gar Jahrzehnten keinen Stadtsaal mehr zu haben», sagte Christoph Regli. Roland Wyss ergänzte: «Zudem wird das Stimmvolk bei einem Ja im Juni dann zu einem vorgelegten Projekt im Herbst 2025 betreffend Stadtsaal keine andere Wahl haben, als Ja zu sagen, egal wie hoch die Kosten ausfallen werden». Für ihn ist klar: «Der Stadtrat setzt das Stimmvolk unter Druck. Diese Vorlage ohne all die nötigen Informationen durchzuziehen, kommt einer Erpressung gleich.» Einen überstürzten Verkauf, diesen Sprint mit Hindernissen und eine Reise ins Ungewisse will beim Nein-Komitee niemand. In dieser Hinsicht ist sich das Nein-Komitee einig. Weniger einig hingegen ist man sich bei der Frage, ob das Casino grundsätzlich verkauft oder eben doch saniert werden soll. Michael Anderegg


Pepe Lienhard gegen Verkauf
Prominente Unterstützung bekommt das Nein-Komitee in Person von Musiker Pepe Lienhard, der vor den Medien im Namen der zahlreichen Kulturveranstalter spricht. «Für mich ist das Verkaufsbegehren unerklärlich. Klar müsste die Stadt ins Casino investieren, aber von marode kann keine Rede sein», sagte er. Zum Argument des Stadtrats betreffend des Finanzhaushalts sagte Pepe Lienhard klar: «Ich kann nicht nachvollziehen, warum der Verkauf jetzt so dringlich sein soll und die Finanzen der Stadt dabei so im Vordergrund stehen».(mra)


Neuer Petitions-Präsident
Mit der Petition «Casino nicht ins Ungewisse planen!» wurden innerhalb von zwei Monaten rund 2000 Unterschriften gesammelt. Die kürzlich zur Stadträtin gewählte Regine Siegenthaler (Die Mitte) tritt gemäss einer Mitteilung nun als Petitionspräsidentin zurück. Christoph Regli beerbt sie in diesem Amt. Er ist damit in Sachen Casino nun gleich in zwei Komitees in führenden Positionen vertreten.(mra)