Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 28.08.2024

Viele spannende Rennen beim Schweizer Motocross-WM-Lauf

Mit Tim Gajser und Kay de Wolf holten sich in Frauenfeld die WM-Leader die Tagessiege.

 

 

Der diesjährige MXGP of Switzerland presented by IXS hatte alles, was das Herz des geneigten Motocross-Fans begehrt. Die Rennen zur Motocross-Weltmeisterschaft 2024 auf der Rennstrecke Schollenholz/Schweizer Zucker in Frauenfeld gehörten zu den spannendsten der gesamten Saison. Dazu trug auch das Wetter bei, denn nach der grossen Hitze am Samstag, brachte nächtlicher Regen nicht nur eine Abkühlung, sondern machte die Piste zum Wohle der Spannung noch selektiver.


Doch wie immer hat auch diese Medaille zwei Seiten. Waren am Samstag die Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke zu viel des Guten, hielten der bis in die Vormittagsstunden anhaltende Regen sowie auch die sich über den Tag fortsetzende unsichere Wetterlage sicherlich ein paar potenzielle Besucher von ihrem Kommen ab. Letztlich hatte man mit insgesamt 16.000 Zuschauern an beiden Tagen den Vorjahreswert knapp verfehlt.


Dazu kam ein weiterer Aspekt, den der Präsident und CEO der gastgebenden MXGP Suisse AG, Willy Läderach, bei seinem Fazit zur Sprache brachte. So sagte er: «Ein Problem sehen wir jetzt ganz klar, dass das SRF2 die Rennen live übertragen hat. Wir werden mit dem Schweizer Fernsehen Gespräche führen müssen. Ich persönlich neige dazu, dass man das nicht mehr machen sollte. Bei diesen Wetterverhältnissen überlegt sich so Mancher sicherlich, ob er rausgeht und die Rennen sowie die tolle Stimmung live vor Ort erlebt, oder er das von zu Hause aus verfolgt. Da muss die Motivation gross sein, dass man trotzdem geht. Diese Tatsache hat uns sicherlich 5.000 oder mehr Zuschauer gekostet.»


Und weiter: «Da unterm Strich zu wenige Besucher da waren, haben wir leider ein finanzielles Minus. Wahrscheinlich müssen die Aktionäre wieder Geld einschiessen. Wir müssen nun schauen, wie wir dieses Minus finanzieren und suchen natürlich nach Möglichkeiten, dass es weitergehen kann.»


Ungeachtet dessen zog der rastlose 83-Jährige zur Veranstaltung selbst ein positives Gesamtfazit. «Aus meiner Sicht haben wir organisatorisch eine sehr gute Veranstaltung aufgebaut und durchgeführt. Die Rennen waren, auch auf Grund der Verhältnisse, spannend. Wir bedanken uns bei allen Sponsoren und Partnern sowie den Helfern. Wir waren vom OK heute wieder mit 480 Leuten im Einsatz. Die haben alle einen sehr guten Job gemacht. Es ist phantastisch, dass wir immer so viele Personen zusammenbringen und dass wir so etwas Grosses stemmen. Dann ist es natürlich schade, dass das nicht durch die entsprechende Zuschauerzahl belohnt wird.»


 



Ein strahlender Slowene


Ein ausschliesslich strahlendes Gesicht trug nach den Kampfhandlungen zum Beispiel der Gesamtsieger der Königsklasse der Motocross-Weltmeisterschaft, der MXGP, Tim Gajser. Der Slowene gewann sowohl das Grand-Prix-Race 1 wie auch das mit einer 2 gekennzeichnete Pendant dazu. Da in beiden Heats auch die Plätze zwei und drei an den Niederländer Jeffrey Herlings und Jorge Prado aus Spanien gleich besetzt waren, könnte man darin eine gewisse Monotonie sehen. Aber weit gefehlt. Bis es jeweils soweit war, gab es unzählige Positions- und Führungswechsel, was die Zuschauer immer wieder aufs Neue zu Jubelstürmen veranlasste. Natürlich hiess am Ende auch der Grand-Prix-Sieger (Gesamtwertung beider Läufe) Tim Gajser, und ebenso nahmen bei der Siegerehrung Jeffrey Herlings und Jorge Prado links bzw. rechts von ihm Aufstellung.


Dort hätte auch der Lokalmatador Jeremy Seewer gern gestanden, zumal er nach bisher vielen kleinen Problemchen in diesem Jahr bei seinem Heimrennen endlich wieder eine echt starke Performance zeigte. Nach seinen Lauf-Platzierungen vier und fünf wurde er Tagesvierter und kommentierte das so: «Ich habe positive und negative Gefühle. Ein vierter Platz ist natürlich solide. Vor allem, wenn ich die ganze bisherige Saison betrachte, war das eines der besseren Rennen. Aber Vierter ist halt Vierter. Besser wäre das Podest, was auch möglich gewesen wäre. Aber dieses Jahr läuft halt nicht alles optimal. Ich kann nicht ganz die Performance abrufen, die ich eigentlich habe.»


Vollauf zufrieden war der 30-jährige Bülacher hingegen von seinem Heim-Grand-Prix an sich und meinte dazu: «Es war auf jeden Fall ein sehr cooles Wochenende. Heute waren die Fans unglaublich. Ich denke, es ist wichtig für unseren Sport, dass wir diesen Event haben. Die Situation mit voneinander getrennter Strecke und Fahrerlager ist sicher nicht ideal, aber ich habe von meinen Fahrerkollegen nichts Schlechtes darüber gehört. Es ist auf jeden Fall zehn Mal besser so was wie in Frauenfeld, als irgendein Rennen in Indonesien oder so. Da ist der Schweizer GP definitiv auf einem anderen Level.»


 



Sehr schöne Atmosphäre


Das sieht auch der weiterhin WM-Leader Tim Gajser so. «Klar ist die Entfernung zwischen Fahrerlager und Strecke nicht gut, denn das Fahrerlager ist ein wichtiger Bestandteil unseres Sports. Hier war dieses aber den ganzen Tag ziemlich leer. Trotzdem managt man das bestmöglich und die Atmosphäre oben an der Strecke ist sehr schön. In Slowenien haben wir gar keinen Grand Prix, das muss ich schon sagen, lieber so als gar nicht. Da beneide ich die Schweizer Fahrer ein bisschen, denn die haben immerhin ein Heimrennen.»


Wie schon so oft in diesem Jahr zeigte der Freiburger Valentin Guillod auch in Frauenfeld wieder eine starke Leistung. Im ersten Heat wurde er Achter und im zweiten kämpfte er sich von Platz 30 nach der ersten Runde noch bis auf die elfte Position nach vorn. Das bedeutete für ihn in der Tageswertung Rang elf. Von den weiteren Schweizern in der MXGP holten auch der Genfer Wild-Card-Pilot Arnaud Tonus und der mit wenigen Ausnahmen regelmäßige WM-Teilnehmer Kevin Brumann aus Ehrendingen in beiden Läufen Zählbares. Im Fall von Arnaud Tonus waren es die Heat-Plätze 15 und 17, mit denen er Tagesrang 16 belegte.


Kevin Brumann kam einmal als 19. und einmal als 15. ins Ziel, sodass bei ihm der 18. Rang im GP-Klassement zu Buche steht.


Mit nur unwesentlich weniger Jubel wurden die weiteren eidgenössischen Wild-Card-Fahrer Nicolas Bender, Alessandro Contessi und Robin Scheiben von den fairen und fachkundigen rot-weiß-gekleideten Fans bedacht. Sie ergatterten die Tagesränge 27, 29 und 34. Loris Freidig hatte sich bei seinem an sich harmlosen Sturz im Qualifikationsrennen am Samstag einen Schlüsselbeinbruch zugezogen und war somit «out of race».


 



Ein holländischer Triumph


Die MX2-WM-Kategorie ging in diesem Jahr leider ohne Schweizer Beteiligung über die Bühne. Hierbei ging es in den beiden Rennen sowie auch bei den Ergebnissen auf den vorderen Plätzen ziemlich drunter und drüber, bis schliesslich der Tabellenleader Kay de Wolf aus den Niederlanden zum Grand-Prix-Sieger gekürt wurde. Ihn flankierten bei der Siegerehrung der Deutsche Simon Längenfelder als Zweiter sowie Liam Everts aus Belgien als Dritter.


Die Europameisterschaftsklassen EMX250, EMX125 und MXE hatten bereits am Samstag einen Wertungslauf ausgetragen, waren also am klassischen Rennsonntag nur einmal im Einsatz. 


Dabei hatten die Nachwuchsfahrer der EMX125 das zweifelhafte Vergnügen, als Erste auf die über Nacht durchgeweichte Piste zu gehen. Am besten kam der Italiener Nicolo Alvisi mit den schweren Bedingungen zurecht. Nach Platz fünf am Samstag gewann er das Matsch-Rennen und durfte demzufolge von der höchsten Stufe des Podests herunter winken.


Der junge Westschweizer Ryan Oppliger tat sich mit den Bedingungen ziemlich schwer und wurde nur als 31. gewertet. Dank seines 13. Platzes im ersten Heat wurde er Gesamt-20.


Noryn Pulsini sah keine Zielflagge und Noe Zumstein trat zum zweiten Rennen nicht an. Tristan Blanc und Dany Henzer hatten schon am Samstag die Qualifikation für die Wertungsläufe verpasst. Mehr Grund zum Jubeln hatten dafür die Schweizer EMX250-Piloten. Allen voran der als EM-Sechster aus Merishausen angereiste Nico Greutmann, dem mit Platz vier sein bestes Saisonergebnis gelang. Zusammen mit seinem siebenten Platz am Vortag belegte er auch in der Wochenend-Gesamtwertung Rang vier.


 



Zwillinge auf dem Vormarsch


Ebenfalls weit vorn landete der weitere Freiburger Luca Diserens, nämlich im Sonntagsrennen auf dem neunten Platz sowie zusammen mit seinem gestrigen zwölften auf Gesamtrang zehn. Die Zwillinge Thomas und Samuel Oechslin kletterten nach ihren heutigen Fahrten in die Punkteränge (14 und 16) auf die Gesamtplätze 20 bzw. 23.


Während auch Arthur Steffen am Sonntag nicht antrat, gab Remo Schudel nach drei quälenden Runden auf.


Das zweite geplante Rennen der Elektro-Bike-Serie für Kids, der sogenannten MXE, wurde zwar gestartet, doch da die tiefe Strecke für die kleinen Maschinen absolut nicht fahrbar war, sich auch an kleineren Hügeln wahre Dramen abspielten, hatte die Rennleitung ein Einsehen und brach das Rennen ab. Für die Siegerehrung blieb zumindest der Lauf vom Samstag, sodass dem Österreicher Ryan Gabriel der grösste Pokal überreicht wurde. Die Franzosen Lucas Bos und Mathis Negre wurden für ihre Plätze zwei und drei vom Samstag am Sonntag geehrt. Samuel Mathys aus Feuerthalen war am heissen Samstag bei seinem Debüt in dieser Serie Sechster geworden.   (zvg)