Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 07.11.2018

Hörner abstossen

Wenn wir in jungen Jahren einen «Seich» gemacht haben, bekamen wir nebst ein paar Ohrfeigen den bekannten Slogan zu hören: «Die Lümmel müssen halt noch ihre Hörner abstossen.» In freier Wildbahn etwa werfen männliche Hirsche ihr Geweih jeden Frühling ab und im Laufe von vier Monaten wächst es wieder nach.

 

 

Und Kühe haben Hörner, die bleiben. Das war einmal. Heutzutage werden schon den Kälblein (gegen 200 000 pro Jahr) die Hornknospen ausgebrannt. Warum eigentlich? Weil in den vielen Laufställen die Kühe sonst mehr Platz brauchen. Weil die Bauern im Umgang mit den Tieren weniger gefährdet sind. Für mich greifen
diese beiden Argumente zu wenig.
Die Menschheit erlaubt sich immer mehr, in die Natur einzugreifen. Es ist heute längst möglich, Tiere zu züchten, damit sie hornlos geboren werden. Es ist schon über 20 Jahre her, da wurde das Schaf Dolly geklont. Auch hier lautet die Frage: Warum und für was? Und wie geht das alles noch weiter?
Am 25. November stimmen wir über die Hornkuh-Initiative ab. Halter von Tieren mit Hörnern sollen in Zukunft sogar von Direktzahlungen profitieren. Ich bin für Kühe mit Hörnern, aber ich bin dagegen, dass etwas, das natürlich mit Hörnern ausgerüstet ist, plötzlich zu Geld gemacht werden kann. In dieser Sache müssen die Schweizer wohl noch öfters ihre Hörner abstossen, bis sie sich einig sind.

Ruedi Stettler