Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 26.08.2020

Ein Monolog mit Begleitung am Klavier

Das Corona-Virus wirbelte auch die Pläne der Theaterwerkstatt Gleis 5 mächtig durch. Statt im September mit der geplanten Ländleroperette zu starten, steht ab Samstag nun das Stück Novecento auf dem Programm. Dabei teilen sich nur zwei Personen die Bühne, nicht eine Vielzahl, wie das bei der Operette der Fall gewesen wäre.

 

 

In diesem Frühling war es schwer bis unmöglich, in grösseren Gruppen gemeinsam für ein Theaterstück zu proben. Darum entschied sich die Theaterwerkstatt Gleis 5, die Ländleroperette auf das nächste Jahr zu verschieben. Stattdessen zeigen Schauspieler Giuseppe Spina und Benjamin Engeli am Klavier den Monolog Novecento – die Legende vom Ozeanpianisten. «Es war eine Aneinanderkettung von glücklichen Zufällen, die dazu führte», sagt Giuseppe Spina. Die beiden inszenierten dasselbe Stück bereits vor 15 Jahren gemeinsam. «Benjamin ist als Pianist mittlerweile auf der ganzen Welt unterwegs und er fragte mich nach einem Auftritt in der Nähe, den ich besuchte, ob ich nicht wieder einmal Lust auf Novecento hätte. So kam der Rubel ins Rollen», erinnert sich Spina.

Weniger ist mehr
Giuseppe Spina freut sich, dass die Lokremise hinter dem Bahnhof endlich wieder mit Leben gefüllt werden kann. Normalerweise bietet diese Platz für 58 Personen. Mit dem Corona-Konzept und je nach Gruppengrösse werden es bei den kommenden Aufführungen – Premiere ist diesen Samstag – maximal 40 Zuschauer sein. «Wir sind froh, wieder etwas auf die Beine stellen zu können und wir wollen den Menschen zeigen, dass auch in der jetzigen Zeit Indoor-Veranstaltungen möglich sind», sagt Spina dazu. Ein grosser Pluspunkt der Lokremise: Vor drei Jahren wurde eine neue Lüftung eingebaut. «Sechs Mal pro Stunde wird die komplette Luft im Saal erneuert», erklärt Spina.

Die Kunst der Worte
Den Monolog wird Giuseppe Spina so sprechen, als ob er alleine wäre. «Ich will nicht zum Publikum sprechen. Sondern es soll so wirken, als ob man meine Figur Tim Tooney durch ein Schlüsselloch beobachten würde, wie dieser sich zwölf Jahre nach den Geschehnissen an die Geschichte des Ozeanpianisten erinnert», erklärt er. Dabei geht es für Spina darum, mit den Worten, dem Sprachrhythmus und den Schwingungen, wie er die Zeilen präsentiert, den Zuschauer dazu anzuregen, sich eigene Bilder im Kopf zu produzieren. «Man soll nicht nur die Worte hören, sondern man soll verstehen, was im Erzähler vor sich geht», ergänzt Regisseur Jean-Martin Moncéro.
In dieselbe Richtung würden die Einsätze von Benjamin Engeli am Klavier gehen. «Es soll keine Begleitmusik sein. Sondern das Klavier soll reden und erzählen», sagt Giuseppe Spina. Das Stück dauert rund 100 Minuten ohne Pause. Auf eine Bar im Foyer wird derzeit verzichtet. Tickets für die acht Auftritte bis Anfang November sind noch erhältlich.


Michael Anderegg