Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 08.06.2022

Wahlfälschung hat stattgefunden

Obergericht bestätigt 12 Monate bedingt für ehemaligen Stadtschreiber

Das Thurgauer Obergericht hat das Urteil gegen den ehemaligen Stadtschreiber Ralph Limoncelli weitgehend bestätigt. Er wurde wegen qualifizierter Wahlfälschung zu 12 Monaten bedingt verurteilt, die vom Bezirksgericht ausgesprochene Busse im Umfang von 3000 Franken wurde hingegen aufgehoben.

 

 

Vorausgegangen war dem Urteil des Obergerichts unter Präsidentin Anna Katharina Glauser Jung am Donnerstagnachmittag eine vierstündige Verhandlung tags zuvor. Dabei hatte der Verteidiger des ehemaligen Stadtschreibers, der mit Gattin und einem Sohn zur Verhandlung erschienen war, ein zweistündiges Plädoyer gehalten. Darin warf er dem Generalstaatsanwalt mitunter vor, «eine Geschichte konstruiert zu haben». Eine Wahlmanipulation habe es gar nicht gegeben, ausserdem hätten auch andere Personen einen Zugang zu den Wahlunterlagen gehabt und nicht nur sein Mandant. Zudem habe sein Mandant wegen des Vorfalls ­– im Sommer 2020 – seine Stelle verloren, sagte der Verteidiger. Er habe den Lohn aber noch bis März 2021 erhalten. Generalstaatsanwalt Stefan Haffter verwies seinerseits auf die umfangreichen Akten und Unterlagen, die er beim Gericht eingereicht hatte. Auch sprach er von einem Versuch, «die Wahlmanipulation auf eine dubiose Täterschaft abzuschieben». Ausserdem habe der Beschuldigte bei den Ermittlungen seine Aussagen laufend angepasst, wenn er mit neuen Ergebnissen konfrontiert worden sei. Im Weiteren sei auf einzelnen Wahlzetteln, die den Auszählungsprozess auf Grund ihrer Unversehrtheit nicht durchlaufen hätten, einzig ein Fingerabdruck des ehemaligen Stadtschreibers nachweisbar. Auch verwies Haffter auf einen WhatsApp-Eintrag, in dem der ehemalige Stadtschreiber dem Bezirksgericht nach dem Urteil im Juli letzten Jahres «Inkompetenz» vorwarf. Als Motiv für die Manipulation im Wahlbüro der Stadt wurden falsch abgelegte Wahlzettel genannt, was vertuscht werden sollte, um das Image der Stadt nicht zu schädigen.

(aa)


Der Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft legt dem Beschuldigten im Wesentlichen zur Last, er habe bei den Grossratswahlen am 15. März 2020 nach dem Wahlsonntag aus Reserve-Wahlcouverts mindestens 86 Wahlbüchlein mit den Wahllisten aller Parteien entnommen und daraus die unveränderten Wahlzettel der Liste SVP herausgetrennt. Diese habe er jeweils in einer kleinen Anzahl – direkt hintereinander liegend und nicht vollständig zusammengefaltet – unter die unveränderten Wahlzettel der SVP gemischt und eine falsch abgelegte Beige à rund 100 unveränderter Wahlzettel der Liste GLP zu einem nicht bekannten Zeitpunkt auf unbekannte Art und Weise vernichtet. Damit verbunden erhielt die SVP fälschlicherweise einen zusätzlichen Sitz im Kantonsrat zugesprochen, den sie nach der Korrektur aber an die GLP abtreten musste.

(aa)