Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.12.2022

Kein Casino-Verkauf ohne Ersatz

Prominent besetztes Komitee will kulturellen Lockdown verhindern

Gegen den vom Stadtrat beantragten Casino-Verkauf formiert sich Widerstand. Ein prominent besetztes Komitee kritisiert die Verkaufsabsichten für die Veranstaltungsstätte, ohne einen lückenlosen Übergang zu gewährleisten. Mit der Petition «Casino nicht ins Ungewisse planen“ wird der Stadtrat aufgefordert, Klarheit zu schaffen.

 

 

Der Aufmarsch am Montagmorgen beim Casino manifestierte das grosse Interesse an dieser Veranstaltungsstätte. Denn neben prominenten Vertretern der Kulturszene wie Bandleader Pepe Lienhard mit Gattin Christine waren auch zahlreiche lokale Grössen mit am Bahnhofplatz, um sich fürs Casino einzusetzen. Dieses war nach einer Totalrenovation vor rund 20 Jahren bekanntlich als eine der modernsten und besteingerichteten Kulturstätten der Ostschweiz wieder eröffnet worden. Und es ist nach wie vor die bestgenutzte Veranstaltungsstätte in Stadt und Region (im letzten Jahr vor Corona – 2019 – fanden dort 110 Veranstaltungen mit über 26 000 Gästen statt).

Nicht ins Ungewisse planen
Präsidiert wird das Komitee von Regine Siegenthaler, die aktuell interessanterweise für jenen Stadtrat kandidiert, der eben diese Veranstaltungsstätte verkaufen will. Das Ziel des Komitees «Casino nicht ins Ungewisse planen» will wegen fehlender Alternative zwar primär lediglich einen «kulturellen Lockdown» in der Stadt verhindern. Allerdings dürfte es auch zahlreiche Einwohnerinnen und Einwohner geben, die das Casino gar nicht verkaufen wollen. Denn das im Jahr 1959 eröffnete Casino an zentraler Lage ist für viele auch ein identitätsstiftendes Gebäude, das mit vielen Erinnerungen verbunden ist.

Schaden für Kultur- und Vereinsszene
Die grösste Befürchtung betrifft den Schaden für die Kultur- und Vereinsszene durch einen langen Unterbruch zwischen dem Casino-Verkauf und einem neuen Stadtsaal. So sagte Theaterverein-Präsident Louis Räber: «Der Theaterverein wurde seinerzeit auch wegen des neuen ‚Casinos‘ gegründet und bringt seitdem namhafte Theaterproduktionen nach Frauenfeld. Ein Unterbruch von zwei Jahren würde den Fortbestand unseres Vereins in Frage stellen». Beni Pfister von der Konzertgemeinde Frauenfeld ergänzte: «Auch wir sind auf eine einwandfreie, mit guter Technik und einem ansprechenden Ambiente ausgestattete Lokalität angewiesen. Unsere Produktionen vertragen keine behelfsmässigen Provisorien.» Pfister wies auch auf regelmässige Lobesreden zum Casino von bekannten Veranstaltern hin.

Kritik am Vorgehen
Im Weiteren geht der Stadtrat nach Auffassung der Petitionäre in der «verkehrten Reihenfolge» vor. Zuerst komme das Geld aus dem Verkauf, dann der «Casino»-Abbruch und schliesslich der Bau eines neuen Stadtsaals. In Kulturkreisen kursiere damit verbunden bereits der Kalauer des Frauenfelder «Casino-Kapitalismus», was für eine seriöse Behandlung des Vorhabens kaum dienlich sei.

Klare Bedingungen
Die aktuell 27 Mitglieder des Komitees – quer durch alle Parteien und Kulturkreise – verlangen vom Stadtrat Klarheit. Klarheit über einen künftigen Stadtsaal in der Nähe des Bahnhofs und «mit mindestens dem Standard des heutigen Casinos». Schliesslich müsse die Bevölkerung den allfälligen Verkauf inklusive Standortwechsel in Kenntnis aller Fakten beurteilen und sich darauf verlassen können, damit kein Betriebsunterbruch entsteht – fordert das Komitee auf dem Unterschriftenbogen. Selbstredend müssten solche Forderungen auch als Bedingungen in den Verkaufsvertrag einfliessen.

Andreas Anderegg

openpetition.eu/ch/petition/online/casino-nicht-ins-ungewisse-planen

kontakt@regine-siegenthaler.ch


«Echtes Anliegen»
Den Einwand, mit der Petition zum Casino primär Wahlkampf in eigener Sache zu betreiben, brachte Stadtrats-Kandidatin Regine Siegenthaler gleich selber auf. «Es ist umgekehrt. Seit meiner Kandidatur befasse ich mich als Juristin und Rechtsanwältin viel intensiver als bisher mit der Lokalpolitik». Sie sei privat und beruflich stark mit der Kultur verbunden. Mit dieser Petition wolle sie die Anliegen und Bedenken aus diesen Kreisen aufnehmen und die Sache zu einem guten Ergebnis führen.
(aa)


Stellungnahme des Stadtrats
Der Stadtrat begrüsst die öffentliche Diskussion zu einem möglichen Verkauf des Casinos und kann die Anliegen des Petitions-Komitees «Neues Casino nicht ins Ungewisse planen» nachvollziehen. Er wird alles daransetzen, einen möglichst unterbruchsfreien Betrieb sicherzustellen, da dies im ureigenen Interesse der Stadt liegt. Der Verkauf des Casinos, wie er in der Botschaft des Stadtrates vorgeschlagen wird, macht genau dies möglich. Mit dem Verkauf des Casinos für 13,95 Millionen Franken an die Credit Suisse Anlagestiftung will der Stadtrat die Chance packen und mit dem Erlös einen neuen, zeitgemässen Stadtsaal in Bahnhofsnähe realisieren. Mit der Käuferschaft wurde vereinbart, dass der Casinobetrieb noch bis mindestens Ende 2026 weitergeführt werden kann. Zwischenzeitlich will die Stadt – sofern die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dem Verkauf im Juni 2023 zustimmen – ein Projekt ausarbeiten und realisieren, das den wachsenden Bedürfnissen der Kulturveranstalter entspricht. In der Botschaft an den Gemeinderat zeigt der Stadtrat in einem Zeitplan auf, dass dies innerhalb von rund 3,5 Jahren möglich wäre. Eher unrealistisch ist hingegen die Forderung des Petitions-Komitees, das Casino erst dann zum Verkauf freizugeben, wenn ein neuer Stadtsaal bezugsbereit ist. Ob sich eine Käuferschaft bereit erklärt, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihr keinerlei Planungssicherheit garantiert, ist unwahrscheinlich. Sicher ist, dass es die finanzielle Lage der Stadt nicht zulässt, einfach auf gut Glück für einen zweistelligen Millionenbetrag ein neues Projekt zu realisieren, ohne die Sicherheit, dass das Casino anschliessend für rund 14 Mio. Franken gewinnbringend verkauft werden kann. Bei einem Nichtverkauf müsste das Casino in den nächsten Jahren für 12 bis 18 Millionen saniert werden, wobei in diesem Fall ein Betriebsunterbruch von 12 bis 16 Monaten unumgänglich wäre. Der Stadtrat ist deshalb überzeugt, dass der Verkauf des Casinos in vielerlei Hinsicht Chancen bietet. Mit dem Erlös wird es möglich, einen neuen Begegnungsort mit genügend Platz für ein attraktives Kultur- und Eventangebot zu schaffen, die Kräfte zu bündeln und das Geld klug zu investieren. Die Botschaft zum Verkauf des Casinos wurde am 30. November 20222 dem Gemeinderat überwiesen. Dieser wird voraussichtlich Anfang 2023 entscheiden, ob ein Verkauf überhaupt in Frage kommt und das Geschäft dem Volk vorgelegt werden soll. Die detaillierte Botschaft an den Gemeinderat ist im Internet abrufbar.

Stadtrat Frauenfeld

www.frauenfeld.ch/verkaufcasino