Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 15.03.2023

Stadt wählt Frauen-Power

SVP als wählerstärkste Partei nicht mehr im Stadtrat vertreten

Barbara Dätwyler Weber (SP), Regine Siegenthaler (Die Mitte) und Andrea Hofmann Kolb (CH) sowie Fabrizio Hugentobler (FDP) bilden zusammen mit Stadtpräsident
Anders Stokholm (FDP) ab 1. Juni den Stadtrat. Das Absolute Mehr erreicht hat auch Andreas Elliker (SVP), der Jüngste in der Exekutive scheidet aber als überzählig aus.

 

 

Der Verkündung der Wahlergebnisse durch Vizepräsidentin Elsbeth Aepli Stettler, die selber nicht mehr kandidierte, sowie Stadtschreiberin Bettina Beck im Rathaus am Sonntagnachmittag wohnten neben Behördenvertretungen sowie Kandidatinnen und Kandidaten auch zahlreiche Gäste bei. Stadtpräsident Anders Stokholm (FDP) wurde mit 3770 Stimmen im Amt bestätigt, nicht gewählt wurde Severin Knecht (parteilos) mit 1580 Stimmen. Amtsinhaber Stokholm zeigte sich zufrieden über die Bestätigung, derweil Knecht die Gratulationen zum guten Wahlergebnis freudestrahlend entgegennahm.

Stadtratswahlen
Als nebenamtliche Mitglieder des Stadtrates wurden gewählt: Barbara Dätwyler Weber (SP, 4512 Stimmen), Regine Siegenthaler (Die Mitte, 4302 Stimmen), Andrea Hofmann Kolb (CH, 3910 Stimmen) und Fabrizio Hugentobler (FDP, 3797 Stimmen).Das absolute Mehr ebenfalls erreicht hat Andreas Elliker (SVP, 3392 Stimmen). Er scheidet jedoch als überzählig aus.
Andreas Elliker nahm das Wahlergebnis gefasst, aber mit grosser Enttäuschung auf: «Ich war mir von Beginn weg bewusst über das Wahlrisiko, das dieses Baudepartement mit sich bringt.»

Barbara Dätwyler Weber ist Spitze
Barbara Dätwyler Weber ihrerseits freute sich über das beste Wahlergebnis aller vier nebenamtlichen Stadtratsmitglieder. Anschliessend nahm sie als erstes die Gratulation ihres Ehemanns Adrian freudestrahlend entgegen.
Die aktuelle Grossratspräsidentin hat mit ihrem Spitzenergebnis übrigens auch die Jahrzehnte lange Dominanz der bürgerlichen Parteien in Bezug auf die meisten Wählerstimmen für die Exekutive in Frauenfeld beendet.

Regine Siegenthaler glücklich
Regine Siegenthaler, die von der Mitte als Nachfolgerin von Elsbeth Aepli Stettler ins Rennen geschickt worden war und die am zweitmeisten Stimmen erhielt, war glücklich und durfte sich ebenfalls über zahlreiche Gratulationen freuen – ebenso Andrea Hofmann Kolb und Fabrizio Hugentobler. Damit ist bereits nach dem ersten Wahlgang klar, welches Team die Stadt Frauenfeld ab 1. Juni führen wird.

Nun folgt Departementsverteilung
In einem nächsten Schritt werden die neugewählten Stadtratsmitglieder an den Sitzungen der Exekutive teilnehmen und dabei wird auch die Ressortverteilung vorgenommen. Somit kann die Amtsübergabe zügig vonstatten gehen, womit ein nahtloser Übergang zur neuen Legislatur 2023 bis 2027 gewährleistet ist. (aa)



Wahlergebnisse auf einen Blick

Stadtpräsidium:
5754 gültige Stimmen,
Absolutes Mehr 2878 Stimmen.

Gewählt mit 3770 Stimmen:
Anders Stokholm, FDP;

Nicht gewählt mit 1580 Stimmen: Severin Knecht, parteilos;

Vereinzelte:
404 Stimmen.

Stadtrat:
25’184 gültige Stimmen; 20’800 massgebende Stimmen (Kandi-
datenstimmen), Absolutes Mehr 2601 Stimmen.

Gewählt sind:
Barbara Dätwyler Weber (SP, 4512 Stimmen), Regine Siegenthaler (Die Mitte, 4302 Stimmen), Andrea Hofmann Kolb (CH, 3910 Stimmen) und Fabrizio Hugentobler (FDP, 3797 Stimmen).
Das absolute Mehr ebenfalls erreicht hat Andreas Elliker (SVP, 3392 Stimmen). Er scheidet aber als überzählig aus.

Vereinzelte 887 Stimmen. (red)



Kommentar
Neuland und Frauen-Power

Mit dem Ausgang der Wahlen in die Exekutive am Sonntag wird in Frauenfeld gleich mehrfach Neuland beschritten. 32 Jahre nach dem Einzug von Margrit Camenzind (CVP) als erste Frau in den Stadtrat im Jahr 1991 gibts in der Exekutive ab 1. Juni nun erstmals eine Frauen-Mehrheit.
Gleichzeitig wird die SVP als aktuell stärkste Partei im Stadtparlament mit neun Sitzen ab Beginn der neuen Legislatur nicht mehr in der Regierung vertreten sein. Im Gegensatz dazu wird die langjährige SVP-Fraktionspartnerin FDP weiterhin mit zwei Mandaten in der Stadtregierung vertreten sein, obwohl sie im Gemeinderat lediglich sechs Sitze hat.
Stadtratswahlen sind Persönlichkeitswahlen, sagt man. Gleichwohl wäre es falsch, die verpasste Wiederwahl von Andreas Elliker auf diese Aussage zu reduzieren. Vielmehr leitet er mit dem Baudepartement das wohl undankbarste Ressort im Stadtrat. Denn in diesem Bereich werden im Gegensatz zu anderen Departementen überdurchschnittlich viele private Interessen beschnitten – und dadurch schafft man sich von Amtes wegen Feinde. Davon können wohl auch frühere Bauvorsteher ein Liedlein singen.
Im Weiteren wird nun auch die CH wieder im Stadtrat vertreten sein, wie sie es bereits von 2005 bis 2019 mit Urs Müller war. Von einem Linksrutsch zu sprechen, wäre deshalb vermessen. Vielmehr verfügt das links-grüne Politspektrum in Frauenfeld traditionell über gut einen Drittel des Wähleranteils. Deshalb kann die (Rück-)Eroberung des zweiten von total fünf Mandaten durch jene Seite kaum als «Rutsch» bezeichnet werden.
Bemerkenswert sind daneben insbesondere die 1580 Stimmen, die der parteilose Severin Knecht bei seiner Kandidatur fürs Stadtpräsidium erhalten hat. Praktisch aus dem Stand heraus und ohne grosse Werbekampagne hat er ein überaus respektables Ergebnis erzielt. Das dürfte bisweilen gar als Zeichen für eine gewisse Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung mit der Führung gedeutet werden.
Wie dem auch sei: Auf das neue Team an der Spitze der Stadt Frauenfeld ab 1. Juni warten grosse Herausforderungen. Dabei werden sicher manche besonders darauf achten, was Frauen-Power bewirkt, respektive bewirken wird.
Andreas Anderegg