Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 09.08.2023

Der Kanton Thurgau wappnet sich gegen Erdbeben

Der Regierungsrat hat dem Bevölkerungsschutz Thurgau in seinen Richtlinien für die Regierungstätigkeit die Vorgabe gemacht, die Rettung von Personen aus Trümmerlagen zu verbessern. Diese Fähigkeiten braucht es zum Beispiel nach Erdrutschen und Erdbeben, die auch im Thurgau möglich sind. Das Amt für Bevölkerungsschutz und Armee (ABA) zeigte an einer Medienfahrt am 3. August 2023, welche Massnahmen bereits getroffen wurden, etwa eine neue Übungsanlage, und welche vorbereitet werden. 

 

 

Der Bund stellt Planungen für die Bewältigung eines Erdbebens zur Verfügung, an denen sich die Kantone orientieren sollen. In einer ersten Phase müssen die Rettungsorganisationen Personen aus Trümmern retten können. Dafür müssen Gebäude so gesichert werden, dass Rettungskräfte von Feuerwehr, Sanität und Zivilschutz sich nicht selbst in Gefahr bringen und schweres Gerät einsetzen können. In der nächsten Einsatzphase müssen beschädigte Gebäude beurteilt werden, ob diese noch bewohnbar sind oder ob die betroffenen Bewohner evakuiert werden müssen. Die Abschätzung des Schadenpotenzials und die Planung der Instandstellung sind die dritte Phase der Einsatzplanung, bevor dann möglichst schnell der eigentliche Wiederaufbau an die Hand genommen werden kann.


 


Erfahrungen in der Türkei fliessen ein


Die Abteilung Bevölkerungsschutz hat schon vor zwei Jahren spezielle Notfallplanungen für die Erdbebenbewältigung erstellt. Ein Mitarbeiter des ABA stand zudem als Rettungsspezialist für die Rettungskette in der Türkei im Einsatz. Seine dortigen Erfahrungen fliessen nun in den weiteren Kompetenzaufbau ein. Für die Verbesserung der Trümmerrettung hat der Zivilschutz Thurgau Einsatzmittel für die Ortung von Verschütteten beschafft und setzt Sensoren für die Überwachung der Einsatzstellen ein. In naher Zukunft soll das herkömmliche Abstützen von beschädigten Gebäuden mittels Holzbalken durch Gerüstsysteme, wie sie im Hoch- und Tiefbau verwenden, ergänzt werden. So kann der Zivilschutz im Katastrophenfall eng mit Bauunternehmen zusammenarbeiten und schnell Wirkung erzielen.


 


Zusammenarbeit mit Schaffhausen


Das ABA hat zudem drei Bauingenieure an der Hochschule Luzern in einem dreitägigen Kurs im Thema «Gebäudebeurteilung nach einem Erdbeben» ausgebildet. Diese Spezialistin und die beiden Spezialisten bilden ein Kernteam «Gebäudebeurteilung» und arbeiten als externe Fachpersonen im kantonalen Führungsstab mit. Dieses Kernteam wird eng mit dem Schaffhauser Team zusammenarbeiten. Gemeinsam will man Synergien in der Ausbildung schaffen und im Einsatzfall im eigenen Kanton, gegebenenfalls aber auch in betroffenen Kantonen der Schweiz Unterstützung leisten. Für die Abschätzung von Schäden und die Planung der Instandstellung ist der Thurgau der «Schadenorganisation Erdbeben» der Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen beigetreten.


Der Thurgau hat vieles für die Bewältigung eines Erdbebens vorgekehrt. Für die Erdbebensicherheit der Gebäude sind die Bauherrschaften und Planer zuständig. Hauseigentümer entscheiden, ob sie Schäden durch Erdbeben versichern wollen.


Im Ausbildungszentrum Galgenholz bei Frauenfeld haben die Pioniere des kantonalen Katastrophen-Einsatzelements im Mai eine Übungsanlage erstellt, die das zielgerichtete Retten aus Trümmerlagen – wie etwa in der Türkei nach dem Erdbeben und in der Ukraine nach Raketenangriffen – ermöglichen. Eine erfolgreiche Vorbereitung auf solche Ereignisse bedingt, dass Gemeinden, Regionen, Kantone und Bund die Fähigkeiten modulartig aufbauen und dass diese im Einsatzfall schnell zusammengeführt werden können. Der Bevölkerungsschutz muss eine AAA-Qualitätsbeurteilung erreichen: Alimentierung mit ausreichend Personal, Beschaffung von wirkungsvoller Ausrüstung und zielgerichtete Ausbildung für die Rettung aus Trümmerlagen.  


(id)